Motivation in der Learner Journey des wissenschaftlichen Schreibens. Feedforward in der LV ‚Wissenschaftliches Arbeiten‘
ABSTRACT. Feedback wird in Lehrveranstaltungen häufig als begleitender Text zur Beurteilung bzw. als Begründung der Benotung eingesetzt. Dieser summative Charakter (Zeitpunkt im Schreibprozess und Intention der Rückmeldung) fördert jedoch vielmals nicht die Motivation, die rückgemeldeten Anregungen umzusetzen. Feedforward (Hattie & Timplerley, 2007 bzw. Goldsmith, 2009) zielt hingegen nicht auf die Erklärung bzw. Begründung bereits geleisteter Lernaktivitäten ab, sondern bezieht sich auf die (Weiter-)Entwicklung Lernender. In der Schreibdidaktik stehen der Schreibprozess, die (Weiter-)Entwicklung des Textes und die Schreibenden im Fokus. Das dazu unter anderem angewandte Textfeedback soll zu einer eigenständigen Überarbeitung des Textes führen (siehe dazu u.a. Grieshammer et al. 2012, Ulmi et al. 2017). Konstruktives Textfeedback kann demnach als Feedforward im Schreibprozess aufgefasst werden.
Dieser Pecha-Kucha Kurzvortrag zeigt am Praxisbeispiel der LV Wissenschaftliches Arbeiten 1 im Studiengang Bachelor Tourismusmanagement an der FHWien der WKW, wie kontinuierliche formative Rückmeldungen zur nachhaltigen Kompetenzentwicklung im wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben eingesetzt werden. Das dabei unter anderem angewandte Text-Feedforward begleitet Studierende im gesamten ersten Semester während des Erstellprozesses der (zumeist ersten) hochschulischen Seminararbeit – konstruktiv, inhalts-, personen- und schreibprozessbezogen.
Im Pecha-Kucha Kurzvortrag wird entlang der Learner Journey – der Darstellung des Lernprozesses in Einzelschritten (siehe dazu u.a. Langheiter 2019) – beschrieben, wie das Lehr-/Lernsetting mit verschiedenen Rückmeldeformaten designt ist, welche Bezugsnormen und -punkte die Rückmeldungen im Rahmen der Lehrveranstaltung haben und wann im Erwerbsverlauf von wissenschaftlicher Schreib- und Textkompetenz Feedforward eingesetzt wird. Auch der Kontext der LV (Curriculum mit Modulzielen, studiengangsspezifische Lernmaterialien, hochschulische Unterstützungsangebote, curriculares Literacy Management) sowie die Anforderungen an Lehrende und Studierende im Rückmeldesetting (in Hinblick auf Zeit, Ressourcen sowie Rückmeldehaltungen) werden als rahmengebende Gelingensbedingungen dargestellt. In einer abschließen Review- und Retrospective-Aktivität zur Reflexion des literalen Handelns im Semesterverlauf wird in der LV u.a. die Wirkung des Text-Feedforwards auf Studierende thematisiert: Diese sei förderlich, anregend, voller Impulse und ernst gemeint, melden Studierende rück und beziehen sich bei ihren Wahrnehmungen auf die Klarheit in den Rückmeldekriterien / die konkreten Anregungen für das Schreiben, das Formulieren, die Textstruktur / die ehrlich gemeinten Hilfestellungen / das Empowerment, eigene Entscheidungen für den Text zu treffen u.v.m. Diese motivationalen Auswirkungen des formativen Text-Feedforwards werden im Kurzvortrag präsentiert.
Die Komplexität des Textfeedbacks aus der Schreibpeertutor*innen-Perspektive
ABSTRACT. Schreibpeertutor*innen begegnen beim schriftlichen und mündlichen Textfeedback gewissen Herausforderungen: Marianne braucht länger für das Verfassen eines Textfeedbacks als ursprünglich veranschlagt und fühlt sich gehetzt; Paul würde das Textfeedback gerne interaktiver gestalten und ist sich unsicher, ob er seine schriftlichen Anmerkungen lieber vor oder nach der Beratung an seine Ratsuchende schicken soll; und Sina hat das Gefühl, dass ihr Ratsuchender das Textfeedback immer wieder als anonyme Serviceleistung in Anspruch nimmt und sich dabei von ihrer Rückmeldung abhängig macht. In unserem Vortrag wollen wir die textfeedback-spezifischen Schwierigkeiten im Arbeitsalltag von Schreibpeertutor*innen akzentuieren, um das Spannungsverhältnis zwischen Ideal und Realität von Textfeedbacks aus der Peer-Perspektive herauszuarbeiten.
Zur Verortung unserer eigenen Perspektive werden wir zunächst die Rahmenbedingungen zur Erstellung von Textfeedbacks am Schreibzentrum des studierendenWERKs BERLIN kurz vorstellen. Anschließend sollen anhand einiger konkreter Szenarien typische Herausforderungen beim Geben von Textfeedbacks veranschaulicht werden, um ausgehend davon eine gemeinsame Problematik zu identifizieren. Aus unserer Erfahrung hängt diese häufig mit dem Verhältnis von Direktivität, Direktionalität und Interaktivität zusammen, das sich bei schriftlichem und mündlichem Feedback unterscheidet. Dieser Unterschied kann zu spezifischen Rollenkonflikten und insbesondere bei schriftlichen Textfeedbacks zu einem erhöhten Druck auf die Feedbackgebenden führen. Den Pecha-Kucha-Vortrag verstehen wir im Rahmen der Tagung als akzentuierten Impuls aus der Praxis von Peertutor*innen.
“Kann ich das so machen?” Studentische Erkenntnisprozesse im Master durch Feedback unterstützen und stärken
ABSTRACT. Eine Masterarbeit ist durch eine Vielzahl an neuen Erfahrungen eine Herausforderung für die meisten Studierenden: Es ist ein Schreibprojekt in einer bislang unbekannten Größe, das mehr Selbständigkeit in der Konzeption, Planung und Durchführung fordert und mit einer bislang ungekannten Betreuungssituation – der individuellen Betreuung – einhergeht.
Feedback von Peers und Betreuenden spielt in der Bewältigung dieser Herausforderungen eine zentrale Rolle. Im Fokus dieser Datensession steht die Auswirkung von Feedback auf studentische Erkenntnisprozesse. Gezieltes und auf den jeweiligen Fortschritt des Projektes abgestimmtes Feedback im Schreibprozess bestärkt Studierende in ihrer epistemologischen Entwicklung und in ihrer Schreibentwicklung. Weiter kann es Studierende darin bestärken, eigene Ideen und Positionen zu verfolgen und Verantwortung für diese zu übernehmen. Nicht fokussiertes oder ausbleibendes Feedback kann hingegen hemmend und demotivierend wirken.
Wie kann Feedback im Masterarbeitsprozess studentische Erkenntnisprozesse fördern und stärken? Unter dieser Leitfrage arbeiten wir in dieser Datensession anhand von Beispielen heraus, wie Feedback Studierende in ihrer Entwicklung hin zu Wissensproduzent:innen (Römmer-Nossek, 2017; Römmer-Nossek et al., 2019) bestärken kann. Die Beispiele, die dabei verwendet werden, stammen aus zwei Einzelfallstudien, die ich im Rahmen meines Dissertationsprojektes erhebe. Die Fallstudien bestehen aus je einer Schreib- und einer Erkenntnisprozesszeichnung (adaptiert nach Prior & Shipka, 2003), zwei phänomenologischen sowie einem elicited recall-Interview mit Textbeispielen der Interviewpartner*innen. Bei den Interviewten handelt es sich um drei Masterstudierende, die zum Zeitpunkt des Interviews aktiv an ihren Masterarbeiten in den Fächern Sprachlernforschung, Psychologie und Bildungswissenschaften gearbeitet haben.
Es ist Ziel dieser Datensession, die Rolle von Feedback durch Betreuende und Peers für Masterarbeitsprozesse zu diskutieren. Im Fokus steht dabei die Auswirkung von Feedback auf studentische Erkenntnisprozesse.
Mit ihren Texten unter sich: zum Einfluss von angeleiteten Peer-Feedbacks auf die studentische Feedbackpraxis
ABSTRACT. Seit 2016 begleiten studentische Mitarbeiter:innen des Center for Teaching and Learning der Universität Wien als Writing Fellows ausgewählte Lehrveranstaltungen im Rahmen des Schreibassistenzprogramms. Dieses setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen: zweimal im Semester bekommen die Lehrveranstaltungsteilnehmenden schriftliches Feedback auf eine Abgabe, sie besuchen eine 50-minütigen Schreibberatung und nehmen an einer angeleiteten Peer-Feedback-Einheit teil. (Siehe dazu: Römmer-Nossek et al. 2018) So unterstützt das Schreibassistenzprogramm jedes Semester Studierende in durchschnittlich fünf Lehrveranstaltungen von geistes- und sozialwissenschaftlichen Studienrichtungen.
Im Rahmen unseres Forschungsprojekts möchten wir die individuelle Haltung von Studierenden zu (Peer-)Feedback sowie die Auswirkungen des Schreibassistenzprogramms auf diese untersuchen. Dazu werden Studierende der fünf Lehrveranstaltungen, die von den Writing Fellows begleitet werden, zu Beginn und am Ende des Semesters mittels eines Fragebogens zu ihren Erfahrungen mit, Einstellungen zu und aktiven Praktiken des Feedback-Gebens und -Nehmens befragt. Mithilfe des Fragebogens werden wir die Rahmenbedingungen, die für eine aktive Feedback-Kultur ausschlaggebend sind, reflektieren und diskutieren wo Potentiale für Verbesserungen gegeben sind.
Die Datenerhebung ist für das Wintersemester 2023/2024 angesetzt, ein Pre-Test der Fragebögen findet bereits im Sommersemester 2023 statt.
Mit der Teilnahme an der GefSus- Tagung möchten wir mit anderen Teilnehmenden über die erstellten Fragebögen, sowie über die Ergebnisse des Pre-Tests diskutieren. Schließlich sollen die dabei gewonnenen Erkenntnisse in die Überarbeitung der Fragebögen miteinfließen. Nicht zuletzt erhoffen wir uns dadurch, ein genaueres Verständnis unserer doppelten Rolle als Writing Fellows und Studierende auf Peer-Ebene zu gewinnen.
Praxis-Workshop „Feilen an Gedanken und Stil mit dem Bietschhorn-Modell zur Textdiagnose“
ABSTRACT. „Feilen an Gedanken und Stil mit dem Bietschhorn-Modell zur Textdiagnose“ – unter diesem Titel führen wir seit einigen Jahren regelmässig 4-stündige Workshops zu Textfeedback und Textredaktion durch, v.a. in Graduiertenkollegs, aber auch in anderen Zusammenhängen. In diesen Workshops geht es uns darum, das Textfeedback und das Redigieren auf eine sichere Grundlage zu stellen – wie wir sie an der Internationalen Tagung „Lesen und Schreiben: Texte rezipieren, integrieren, produzieren“ 2021 unter dem Titel „Textlinguistisches Wissen für das Lesen und Redigieren nutzen“ in einem kurzen Beitrag schon skizziert haben.
Diesmal geht uns ausführlicher um die Arbeit in der Praxis: Wir zeigen, wie wir die Sensibilität für die semantischen Probleme in der Sprache und die Tiefenstruktur des Textes stärken, und gehen auf die wichtigsten text- und sprachhandwerklichen Mittel ein, die es ermöglichen, die Aussagen eines Textes von der Tiefe her zu erkennen und bearbeitbar machen zu lassen. Anschliessend werfen wir beispielhaft einen Blick auf Textausschnitte, die uns im Vorfeld zu den Workshops zugestellt wurden, und stellen an ihnen unsere Systematik für das Feedback vor.
Es freut uns, hier dieses Format, das sich in der Praxis schon gut bewährt hat, anderen Schreibberatenden vorstellen zu können. Wir präsentieren den ca. 45-minütigen Input, der uns als Grundlage für die Textbesprechung dient, und geben Einblick in unsere Feedbackpraxis. Zusammen mit Ihnen möchten wir an dieser Praxis weiterdenken.
Erhalten, Geben, Einarbeiten, Reflektieren. Ansätze einer vierdimensionalen Modellbildung zu Textfeedback als strukturierendem Lehrprinzip
ABSTRACT. Im universitären Lehrbetrieb reduziert sich die Schreibdidaktik zuweilen auf die bloße Wissensvermittlung hinsichtlich wissenschaftlichen Arbeitens, begleitet von Trockenschwimmübungen. Wir gehen davon aus, dass Textfeedback ein adäquates Instrument sein kann, um Schreiblernen in einen transformativen, expansiven sowie handlungs- und subjektorientierten Lernprozess zu leiten. In dem Vortrag verdeutlichen wir dies ausgehend von Erfahrungen aus der Praxis durch die Ansätze einer Modellbildung von Feedback als unterrichtsstrukturierendem Prinzip.
Den Ausgangspunkt unserer Überlegungen stellen Erfahrungen aus einem Einführungskurs zum wissenschaftlichen Schreiben dar, der seit mehreren Jahren vom Schreibzentrum der LMU innerhalb des Curriculums des Bachelor-Nebenfachs „Sprache, Literatur, Kultur“ angeboten wird. Textfeedback kommt dabei in vier Formen zum Tragen: Auf Schreibaufgaben erhalten die Studierenden zunächst modellhaft Feedback in schriftlicher und mündlicher Form durch die Lehrenden; daran anschließend werden die Studierenden dazu angeleitet, sich gegenseitig auf ihre Texte Feedback zu geben. Bei der Erstellung des Leistungsnachweises in Form eines Portfolios müssen die Studierenden das erhaltene Feedback einarbeiten und ihren Umgang damit reflektieren.
Wir sehen diese vier Dimensionen – Erhalten, Geben, Einarbeiten und Reflektieren von Feedback – als Grundlage unseres Modellansatzes von Textfeedback als leitendem Prinzip der Makro-Strukturierung von Lehrveranstaltungen. Dazu muss der Frage nachgegangen werden, wie diese Dimensionen voneinander abhängen und wechselseitig wirken. Wie sind diese demnach in der Lehrpraxis idealerweise zu phasieren und aufeinander auszurichten?
Feedback wird somit nicht isoliert als Softskill gefasst – die vier Dimensionen Erhalten und Geben, Einarbeiten und Reflektieren von Textfeedback sind vielmehr im Kontext von verschiedenen Lern- und Bildungsprozessen zu sehen: Neben fachlichen Inhalten ergeben sich Entwicklungspotenziale hinsichtlich der Textkompetenz, des Selbstlernens und des sozialen Lernens innerhalb von authentischen Lernsituationen, in denen die Studierenden ausgehend von ihrem individuellen Leistungsstand schrittweise aktiv werden und zu einem reflektiven und souveränen Lernprozess angeleitet werden. Hierin liegt die Chance von Textfeedback als strukturgebendem Prinzip gegenüber einer rein instrumentellen Implementation im Spannungsfeld aus Schreibdidaktik und Fachlehre.
Reflexives Schreiben und Persönlichkeitsentwicklung im Studium: eine explorative Studie zu entwicklungsorientiertem Textfeedback
ABSTRACT. Hochschulen haben nicht nur den Auftrag zur wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung ihrer Studierenden. Darüber hinaus ist auch deren Persönlichkeitsentwicklung als Auftrag an die Hochschulen formuliert (Akkreditierungsrat 2013) und wird in jüngster Zeit in hochschulpolitischen Texten stark betont (Wissenschaftsrat 2022, Hochschulforum Digitalisierung 2022). Reflexives Schreiben kann bei der Schreibentwicklung im Sinn von Schreibkompetenzentwicklung (Sennewald 2021) helfen, aber auch für das Anregen der Persönlichkeitsentwicklung dienen (Bolton 2010).
Das Poster gibt einen Einblick in ein laufendes Forschungsvorhaben, bei dem reflexive Schreibaufgaben von Studierenden mit dem Konzept der Entwicklungsorientierung (Arn & Munsch 2022) verknüpft werden. Es handelt sich um eine explorative Pilotstudie an einem kleinen Sample. Es wird untersucht, wie derartige reflexive Schreibaufgaben angelegt sein sollen (bezugnehmend auf die Gestaltung von Portfolioaufgaben bei Bräuer 2014) und wie das Feedback auf die dabei entstehenden Texte gestaltet werden kann, damit es für die Persönlichkeitsentwicklung förderlich ist. Reflexive Schreibaufgaben erfordern eine besondere Art von Textfeedback, da der Text nicht überarbeitet werden soll, sondern vielmehr die Grundlage der entwicklungsorientierten Analyse bildet. Autor:innen sollen eine fundierte, wertschätzende Rückmeldung zu ihren Reflexionstexten und ggf. darauf aufbauende Impulse erhalten, die in der Folge entwicklungsorientiert wirken können. Für diese Art von Textfeedback wird das Konzept der Ich-Entwicklung von Loevinger (1976) als heuristisches Modell nutzbar gemacht. Daraus resultierende Veränderungen, die anschließend untersucht werden sollen, betreffen neben der Persönlichkeitsentwicklung auch das Schreibhandeln der Autor:innen und deren Haltung gegenüber dem Schreiben, was wiederum förderlich für die Schreibkompetenzentwicklung sein dürfte.
Responsive Teaching in Unresponsive Times: Reframing Feedback as Care
ABSTRACT. Providing feedback on texts is arguably the most labor-intensive part of teaching writing. It is also the part of our work that students cite as the most transformative (Sommers, 2006). The field of writing studies has accumulated forty years of scholarship on how to best provide feedback on texts, including early canonical research on “minimal marking” (Haswell, 1983) and strategies for engaging deeply with students’ ideas (Sommers, 1982). This talk takes a different route by theorizing the process of giving feedback through a new lens, namely theories of care (e.g., Malatino, 2020; Hobart and Kneese, 2020; Giaimo et al. 2021).
“Caring,” as Donna Haraway has argued, “means becoming subject to the unsettling obligation of curiosity, which requires knowing more at the end of the day than at the beginning” (Haraway, 2008, p. 36). Maria Puig de la Bellacasa elaborates on this definition, calling care “a vital affective state, an ethical obligation and a practical labor” (Puig de la Bellacasa 2012, p. 197). To what extent can feedback on writing be described as a form of care? How might thinking of feedback through the lens of care invite us to listen with more curiosity, to clarify our ethical obligations to others, and rethink the practical dimensions of labor, carving out space for us to care differently and perhaps even to sometimes less? In turn, the talk invites us to give writers a new lens for thinking about academic writing, one perhaps more attuned to a new generation’s desire for social justice and transformation than our stale metaphors of Streitkultur (e.g., Fitzpatrick, 2019). The larger question that concerns us all may be not “who cares?”--a question we often ask of students to get them to clarify their question and its purpose, but how can we use our writing to care more, less, or differently? As Joan Tronto has put it most broadly, care is, after all, “everything that we do to maintain, continue, and repair our world so that we can live in it as well as possible” (Tronto, 2015, p. 103). How—and to whom we extend care--profoundly matters.
Ein Kompass für eine textorientierte sprachensensible Schreibberatung
ABSTRACT. Studentische Schreibtutor*innen sind häufig unsicher, auf welche Art und Weise sie Studierende Rückmeldung auf Texte geben können. Denn sie sind gefordert, zwischen verschiedenen Ebenen des Textes und den damit verbundenen Anforderungen unterscheiden zu lernen. Schreibberatung sei – so lernen sie – kein Korrektorat. Wie sollen sie dann aber mit sprachlichen und sprachformalen Fehlern umgehen? Diese Frage stellt sich besonders dann, wenn Texte in einer Arbeitssprache (Knorr, 2019), die häufig eine Fremdsprache ist, verfasst werden. Korrektives Feedback kann dann sprachliches Lernen fördern (vgl. Göpferich, 2014; Hyland & Hyland, 2006) und wird daher von fremdsprachlich Studierenden auch gerne eingefordert (Choi, 2021). Aus schreibberaterischer Perspektive ist ein kompetenzorientierter Umgang mit Normabweichungen erwünscht. Die Strategien, mit denen Normabweichungen in einer Schreibberatung thematisiert werden kann, orientiert sich jedoch nicht nur an der Zielsprache des Textes, sondern auch an den sprachlichen Fähigkeiten der Ratsuchenden. Hier zeigt sich eine Forschungslücke in der Literatur: Entweder werden fremdsprachlich Schreibende fokussiert (Min, 2016; Xhama, 2018) oder der prinzipielle Umgang mit Texten wird thematisiert (Büker & Lange, 2010).
Im Schreibzentrum / Writing Center der Leuphana Universität Lüneburg werden in Schreibberatungen die Sprachbiographien von Ratsuchenden in die Beratung einbezogen, wobei die Zielsprache des Textes (Deutsch oder Englisch) den Grad der sprachlichen Herausforderung für Ratsuchende bestimmt (vgl. Dengscherz, 2019). In Abhängigkeit dieser Relation werden Methoden der Rückmeldung ausgewählt (Hyland et al., 2016).
Wir präsentieren einen Ansatz, in dem studentische Schreibtutor*innen im Sinne eines Scaffoldings Orientierung für kompetenzorientierte Textrückmeldungen geboten wird, der ihnen als Beratende Handlungsspielräume zwischen Textkorrektur und reinem Widerspiegeln von Leseeindrücken ermöglicht. Es ist eine Art Kompass, den Schreibberatende nutzen können, um sich auf eine textorientierte Beratung vorzubereiten. Denn es gilt, Ansatzpunkte im Text zu identifizieren, an denen individuelle Bedürfnisse und Herausforderungen von Ratsuchenden festgemacht werden können. Ist ein Text entsprechend vorbereitet, können diese Herausforderungen in der konkreten Beratungssituation thematisiert, die aufgetretenen Phänomene erklärt und mögliche Handlungsoptionen aufgezeigt werden. Diese können dann mit den Ratsuchenden diskutiert werden. Der Kompass ist ein Instrument der Sensibilisierung für das textorientierte Beraten in mehrsprachigen Umgebungen und unterstützt den Prozess der Aufmerksamkeitslenkung während der Vorbereitung auf eine Beratung.
Überschreiben als Feedback? Über die Eignung kollaborativer Schreib- und Überarbeitungsprozesse zur Verbesserung von Schreibkompetenzen von Studierenden
ABSTRACT. Kollaborativ einen Text zu produzieren – das bedeutet, dass viele verschiedene Ideen und Interessen, Sprachregister und -stile, Schreibpraktiken und -gewohnheiten aufeinanderstoßen. In der Gruppe beginnt ein Aushandlungsprozess über das Schreiben, in dem in einer Idealwelt, Argumente ausgetauscht und alle Positionen diskutiert werden, um den bestmöglichen Text gemeinsam zu erschaffen.
Doch so komplex und vielschichtig die Prozesse rund um das Schreiben und die Qualitätskriterien für (in diesem Fall akademische) Texte sind, so undenkbar ist auch eine allumfassende Debatte über den Text während des Schreibprozesses – oder gar eine Determination des gewünschten Ergebnisses von Beginn an. Der kollaborative Text entsteht während des Schreibens in einer teils expliziten teils impliziten Kompromissfindung.
Seit drei Semestern erprobe ich im Rahmen des Projekts DigitalC@MPUS-le@rning an der Universität Hildesheim, wie man kollaboratives Schreiben als Kompetenz lehren und mit Studierenden trainieren kann, um akademische Kernkompetenzen zu stärken. Kollaboratives Schreiben definiere ich in Anlehnung an Lowry et al. (2004, S. 75) als den Prozess, gemeinsam einen Text – von der Ideenfindung bis zur Überarbeitung – zu erarbeiten und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Auch wenn Schreibstrategien auf dem Weg zum kollaborativen Text unterschiedlich aussehen können, forcieren meine Lehrveranstaltungen dabei solche, die möglichst viel gemeinsame Schreibzeit, Textentwicklung und Austausch, und möglichst wenig klassische Arbeitsteilung beinhalten.
Es ist eine unbekannte Situation: Nur wenige sind es gewohnt, ihr Selbstgeschriebenes im Prozess zu teilen, oder sich sogar in konstanten Betrachtungs- und Bewertungskontexten durch ihre Schreibgruppe zu befinden. Während sie bspw. in einem geteilten Dokument versucht, Textfetzen in einer reaktiven Schreibstrategie zu einem kohärenten Ganzen zusammenzubringen, befindet sich jedes Gruppenmitglied in einem unfreiwilligen Prozess des Feedback-Gebens und -Nehmens.
Es sind Peer-Feedback-Mechanismen, die durch ihre Produktionsumstände dazu tendieren, weniger von didaktischen Richtlinien und mehr von individuellen Interessen, formativ auf ein konkretes Ergebnis hin, geprägt zu sein. Durch den gleichzeitig vulnerablen Textzustand, auf den die Kritik trifft, und ohne direkte Steuerungsmöglichkeiten durch Dozent:innen, können kollaborative Schreib- und Überarbeitungsprozesse also heikle Feedback-Situationen erschaffen.
In meinem Kurzvortrag möchte ich anhand einiger Beispiele aus der Praxis darauf eingehen, wie sich kollaborative Schreibprozesse auf die Schreibkompetenzen von Studierenden auswirken und diskutieren, wie Dozierende kollaborative Feedback-Prozesse als positive Lernräume gestalten können.