TPF23: TEXTFEEDBACK IN PRAXIS UND FORSCHUNG
PROGRAM FOR THURSDAY, SEPTEMBER 7TH
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10:30-11:00 Session 4A: Vortrag 1119
10:30
Automatisiertes Feedback für argumentative Schülertexte in der Sek II

ABSTRACT. Das DFG-geförderte Projekt „Computergestütztes Lernen argumentativen Schreibens in der digitalen Schulbildung“ an der Universität Paderborn beschäftigt sich mit der Bereitstellung automatisierten Feedbacks bei der Erstellung argumentativer Texte. Im deutschsprachigen Bereich stehen computerbasierte Assessments für den Schreibunterricht dazu noch kaum zur Verfügung.

Das Programm für die Generierung des Feedbacks wird auf Grundlage einer großen Menge manueller Annotationen entwickelt, für die 1320 argumentative Lernertexte aus dem FD-Lex-Korpus (vgl. z.B. Becker-Mrotzek/Grabowksi 2018) genutzt werden. Die Texte für die Annotation wurden anhand von Gender, Schreibaufgabe und Klassenstufe gleichmäßig gewichtet und stammen aus der fünften und neunten Klassenstufe von IGS und Gymnasium. Es handelt sich um schriftliche Stellungnahmen.

Interdisziplinär ist die Frage neu, welche Bedingungen sich sprachdidaktisch ableiten lassen, um Feedback computerlinguistisch nach dem jeweiligen Lernlevel der Schüler*innen zu generieren. Um dies zu beleuchten, wurde ein Annotationsschema auf Basis verschiedener argumentativer Textebenen entwickelt, das sowohl makrostrukturelle als auch mikrostrukturelle Textstrukturen sowie Relationen zwischen den argumentativen Textbausteinen umfasst. Anhand des Annotationsschemas wurde das ausgewählte Lernertextkorpus manuell annotiert. In der Computerlinguistik wird dieser Prozess als Argument Mining (vgl. z.B. Stab/Gurevych 2017) bezeichnet und dient dem Lerneffekt der KI. Die strukturelle Analyse der Lernertexte ist entscheidend, um lernersensitives, entwicklungsförderndes Feedback generieren zu können.

Neben der Vollständigkeit der Besetzung aller argumentativer Strukturen (z.B. Einleitung, Hauptteil, Schluss), werden für ein förderndes Feedback im Projekt auch die realisierten Textprozeduren in den Blick genommen. Besonders die Fähigkeit des konzessiven Argumentierens stellt einen beobachtbaren Entwicklungssprung dar (vgl. Leitao 2003, 298), wie bereits das Erwerbsmodell von Augst/Faigel (1986) zeigt, die eine zunehmende Dezentralisierung und damit einhergehend eine Perspektivübernahme bei fortgeschrittenen Textordnungsmustern feststellten. Die Konzession stellt ein Qualitätmerkmal argumentativer Lernertexte dar und ist besonders pragmatisch relevant, wenn man sein Gegenüber durch Einräumung von Zugeständnissen vom eigenen Standpunkt überzeugen möchte (vgl. Feilke 2010, 154). Da das Konzedieren eine altersübergreifend kritische Fähigkeit darstellt (vgl. Leitao 2003, 298), zugleich jedoch als Qualitätsmerkmal einer schriftlichen Argumentation gewertet werden kann, werden im Projekt Feedbacktypen entwickelt, die allgemeine Schreibkompetenzen der Lernenden und insbesondere den Einsatz von Textprozeduren im Schreibprozess fördern. Der Vortrag wird dies exemplarisch aufzeigen.

10:30-12:00 Session 4B: Daten-/Materialsitzung 1546
10:30
„Ich bin keine Maschine“: Promovendinnen* schreiben über ihre Anliegen im Promotionsprozess. Textanalyse mit Erinnerungsarbeit für emanzipatives Feedback.

ABSTRACT. Bei der Tagung „Textfeedback in Praxis und Forschung“ möchte ich Material meines Forschungsprojekts „Souveränität erschreiben“ gemeinsam diskutieren und vorläufige Textanalysen überprüfen. Dabei soll es auch um die Frage gehen, welche Einsichten wir durch eine schreibwissenschaftliche Adaption der Forschungsmethode Erinnerungsarbeit eröffnen können (z.B. in Bezug auf Verständnis von Schreiben als Werkzeug, Vorgehen der Textanalyse und emanzipativen Ansatz). Die Soziologin Frigga Haug entwickelte die kollektive Erinnerungsarbeit in den 1970ern in West-Berlin. Was hier nicht der Fokus ist, aber erwähnt werden soll, sind die Ähnlichkeiten – insbesondere das Motiv der Befreiung – zum Freewriting nach Peter Elbow; zugleich bestehen entscheidende Unterschiede zur Arbeit des Literaturwissenschaftlers, der 1973 "Writing Without Teachers" in den USA veröffentlichte. Das Material besteht aus vier freigeschriebenen Texten (Umfang zwischen 145 und 525 Wörtern), die Promovendinnen* über ihre Anliegen im Promotionsprozess geschriebenen haben im Rahmen des zweitätigen Workshops „Souveränität erschreiben für Doktorandinnen*“ im Juli 2022. Erinnerungsarbeit als Forschungsmethode für die Textanalyse hat schon auf die Textgenese Einfluss genommen: zum einen durch die schreibdidaktische Adaption in der Vorbereitung und Konzeption des Workshops. Zum anderen in der Art der Hinleitung und Anleitung zum freien Schreiben. Am Ende des ersten Workshoptages schrieben die Promovendinnen* ihre Anliegentexte. Am zweiten Tag erfolgten im geschützten kooperativen Rahmen der Gruppe Feedback und Reflexion der Texte. Der Fokus lag ausschließlich auf der Unterstützung der Persönlichkeit und Haltung der Schreibenden zu Themen, die durch die Texte besprechbar wurden. Im Anschluss habe ich die Einwilligungen zur weitergehenden forschenden Analyse für vier Texte erhalten. In der Materialsitzung soll es darum gehen, diese Texte „in ihre sprachlichen Bausteine zu zerlegen“ (Haug), die Analyse zu vertiefen (z.B. zum Zusammenhang von Handlungsfähigkeit und passiven oder aktiven Formulierungen) und Anregungen für die Weiterentwicklung des Forschungsprojekts zu erhalten. Im Gegensatz zum ad hoc Feedback im Workshop, erhoffe ich mir methodischer herauszuarbeiten, wie sich Herausforderungen von Promovierenden (z.B. in Bezug auf ihre Haltung als Schreibende) in Texten zeigen und wie wir emanzipatives Feedback geben können. Dass die Textanalyse mit dem Vorgehen der Erinnerungsarbeit für die Untersuchung von freigeschriebenen Texten aussichtsreich ist, konnte bereits gezeigt werden (z.B. Langemeyer et al 2022).

11:00-11:30 Session 5: Vortrag 9095
11:00
Computergestützte Berechnung von Merkmalen der Textqualität und deren Relevanz für die Bewertung von Schreibprodukten im (Hoch)Schulkontext – eine Gelegenheitsstudie

ABSTRACT. Nicht erst seit ChatGPT werden die Potenziale von computerbasiert generiertem Textfeedback für das Schreiben diskutiert. Qualitätsmerkmale von hierarchieniederen und hierarchiehöheren Makroprozessen können automatisiert berechnet und als quantitative Kennzahlen ausgegeben werden. In der vorliegenden Studie werden Kennzahlen für Aspekte der Textqualität und deren Relevanz für die Bewertung von Schreibprodukten, anhand einer Stichprobe von Schreibaufsätzen aus den Bewerbungsunterlagen für Schweizer Kantonsschulen, in den Blick genommen.

Theorie

Texte können verschiedene Funktionen übernehmen (z.B. informieren, appellieren; Brinker, 2001). Damit die Texte ihre jeweilige Funktion erfüllen, müssen die Texte verständlich sein. Beim Erwerb des Textproduktionsprozesses benötigen Lernende die Unterstützung durch ihre Lehrenden (Graham et al., 2022), unter anderem durch adäquate Rückmeldungen zu ihren Texten (Sturm, 2016).

Die menschliche Einschätzung von Qualität und Verständlichkeit eines Textes können allerdings durch textinterne Faktoren beeinflusst werden. Dabei handelt es sich unter anderem um quantifizierbare Aspekte der Stilistik (Breland, 1983), der Textlänge (Pohlmann-Rother et al., 2016), der Komplexität und der Kohärenz eines Textes (McNamara et al., 2014).

Fragestellungen

1. Welche computergestützten Berechnungsverfahren für Merkmale der Textqualität stehen für die deutsche Sprache zur Verfügung bzw. lassen sich für die deutsche Sprache implementieren? 2. Sind diese Merkmale für die Bewertung von Schreibprodukten im (Hoch)Schulkontext relevant?

Methode

Anhand einer Gelegenheitsstichprobe von etwa 1.000 Schreibaufsätzen werden die Zusammenhänge zwischen computergestützt berechenbaren Merkmalen der Textqualität und der Bewertung der Textqualität durch menschliche Rater:innen untersucht.

Für die automatisierte Berechnung von Textmerkmale wurde Coh-Metrix von McNamara et al. (2014) und CTAP von Chen und Meurers (2016) ausgewählt. Die Coh-Metrix- und CTAP-Werkzeugsammlungen ermöglichen es, Kennzahlen der linguistischen und diskursiven Repräsentationen eines Textes zu berechnen. Damit analysieren sie die Lesbarkeit von Texten anhand verschiedener Kohäsions- und Komplexitätsmerkmale der Texte.

Zu den Schreibaufsätzen liegen Bewertungen des Inhalts, des Stils, der Orthografie und Grammatik sowie des Gesamteindrucks vor, die von menschlichen Ratern an Schulen vorgenommen wurden. Auf Basis von Regressionsanalysen werden Varianzanteile dieser Bewertungen durch die automatisiert berechneten Textmerkmale aufgeklärt.

Ergebnisse und Diskussion

Im Beitrag werden die Ergebnisse dieser Analysen vorgestellt. Auf Basis der präsentierten Ergebnisse wird diskutiert, ob und wie automatisiert berechnete Textmerkmale zur (automatisierten) Ableitung von Feedback in Schule und Hochschule genutzt werden kann und wo Grenzen liegen.

12:00-12:30 Session 6: Vortrag 3967
12:00
„Mit meinem höheren Sprachniveau kann ich die Fehler dieser KI erkennen und korrigieren“ – Feedback zu und Überarbeitung von KI-generierten Übersetzungen in Schreibprozessen mehrsprachiger Studierender

ABSTRACT. Viele mehrsprachige Studierende nutzen das kostenfreie Tool DeepL, das in Sekundenschnelle KI-basiert Übersetzungen zwischen verschiedenen Sprachpaaren erzeugt. In den Workshops und Beratungen des Internationalen Schreiblabors der Universität Göttingen wird diese Praxis insofern berücksichtigt, als Studierende zur Reflexion des Einsatzes solcher KI-basierter Tools angeregt werden. Im Rahmen einer Begleitstudie zu Einstellungen und Vorgehensweisen Studierender beim Einsatz von KI-basierten Tools zum akademischen Schreiben führen wir Gruppendiskussionen (Lamnek 2010) mit Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen durch, die auditiv aufgezeichnet werden. Nach einer selektiven Datenaufbereitung werten wir die Aussagen der Studierenden qualitativ-inhaltsanalytisch (Mayring/Fenzl 2019) aus, um die Meinungsbildungsprozesse der Gruppen nachvollziehen zu können. Das Erkenntnisinteresse besteht unter anderem darin, das Wechselspiel zwischen eingegebenem Text, KI-generiertem Text (im Fall von DeepL die Übersetzung) und weiterer Textbearbeitung zu ergründen. Erste Auswertungen von zwei Gruppendiskussion mit insgesamt 17 Studierenden aus dem Masterstudiengang Interkulturelle Germanistik zeigen, dass die Teilnehmer*innen dafür sensibilisiert sind, kritisch und reflektiert mit den von DeepL generierten Übersetzungsvorschlägen umzugehen. Die befragten Studierenden geben an, diese Vorschläge zu nutzen, indem sie sie weiter bearbeiten. Diese Bearbeitung geht unter anderem mit Prozessen des Abgleichens mit eigenem Sprachwissen und eigener Voice einher. In diesem Vortrag werden wir zunächst die Begleitstudie näher vorstellen, um anschließend durch die Auswertung der Daten zu explizieren, welche Feedbackprozesse die Studierenden beim Schreiben mit Hilfe von DeepL durchlaufen. Erste Eindrücke aus den Gruppendiskussionen lassen auf drei Arten von Feedback schließen: 1. Durch die Übersetzung ihres Ausgangstextes erhalten die Schreibenden eine Reaktion auf ihren Text, die im weitesten Sinne bereits als Feedback betrachtet werden kann: Sie gibt den Schreibenden eine Rückmeldung, wie ihr Text in der Zielsprache aussehen könnte. Diese können daran anschließend überlegen, wie sie diesen Übersetzungsvorschlag weiter bearbeiten möchten. 2. Zum übersetzten Text geben die Schreibenden wiederum ein Feedback, indem sie den Übersetzungsvorschlag überprüfen und bewerten. 3. Spätere Leser*innen dieser Texte geben ein Feedback zur Angemessenheit des übersetzten und weiter bearbeiteten Textes. Anhand ausgewählter Aussagen der Proband*innen stellen wir dar, welche Rolle diese Arten von Feedback in den Schreibprozessen spielen. Damit leisten diese Ergebnisse einen Beitrag zur aktuellen Frage, wie Schreibwissenschaft auf die rasante Entwicklung von KI-Schreibtools und damit einhergehende Veränderungen im Schreibprozess eingehen kann.

12:20-12:50 Session 7: Vortrag 3569
12:20
Schriftliches Textfeedback zu Textproduktionen in Großgruppen am Beispiel des DaF-Unterrichts in kamerunischen Sekundarschulen: ein Praxisbericht

ABSTRACT. Der Unterrichtsalltag in (Sekundar)schulen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara lässt sich durch das Phänomen der Großgruppen kennzeichnen. Mit den zahlreichen methodisch-didaktischen Herausforderungen, die mit dieser besonderen pädagogischen Situation einhergehen, wird die Lehrkraft mit dem Problem des effektiven Lehrerfeedbackgebens zu den einzelnen Schüler_innen-Textproduktionen zur Abmilderung ihrer Fehler konfrontiert. Vor der unmöglichen individuellen Unterstützung der Schüler_innen in ihrem Schreibprozess wegen der hohen Lernerzahl lässt sich folgende Frage stellen: Wie kann der Textfeedbackprozess so gestaltet werden, dass er das Schreiben der Lernenden in gymnasialen Großgruppen lernförderlich unterstützt? Der vorliegende Beitrag ist ein Praxisbericht, der aus einer Aktionsforschung eines kamerunischen DaF-Lehrers in zwei Klassen von jeweils 61 und 80 Lernenden der Troisième (ca. 10. Klasse/ Sekundarstufe I / Niveau A1) und Première (ca. 12. Klasse/ Sekundarstufe II/ Niveau A2) zweier Gymnasien einer kamerunischen Kleinstadt hervorgeht. Diese Aktionsforschung ging von der Klage der Lernenden aus, nach den Klassenarbeiten kein schriftliches Feedback bzgl. der Fehler und Defizite in ihren schriftlichen Produktionen zu bekommen. Dieser Praxisbericht zeigt, wie das Problem der wirksamen Fehlerkorrektur mithilfe des formativen Textfeedbacks methodisch erfolgreich gelöst und wie Textfeedback in Großgruppen erfolgreich adressiert werden kann. Zur Operationalisierung dieses Vorhabens wurde die Methode der dynamischen Fehlerkorrektur in Anlehnung am Dynamic Written Corrective Feedback angewendet (vgl. Hartshorn et al. 2010, Evans et. al. 2010). Die Lernenden, die in kleinen Gruppen kollaborativ einen Kleintext (40-80 und 100-200 Wörter jeweils für die Sekundarstufe I und II) am Computer produzieren sollten, hatten die Vorgabe gemeinsam einen fehlerfreien Text mit wiederholten Lehrerfeedbackrunden auf der Ebene des Inhalts, der Form und der Textstruktur mit vorgegebenem Thema zu schreiben. Der Beitrag soll Einsicht darüber geben, wie in dieser Studie die Untersuchungsmethoden kombiniert werden um Material zu sammeln (Text mit Computereinsatz), mit spezifischer Sozialform (Gruppenarbeit) und Prinzipien (kollaboratives Textschreiben, kooperatives Lernen, Binnendifferenzierung) an konkreten Schlussfolgerungen zur Verbesserung des Schreibproduktes von DaF-Lernenden in Großgruppen zu gelangen. Am Ende des Berichts wird über weitere Möglichkeiten des Textfeedbackgebens im Großgruppenkontext reflektiert.

12:30-13:00 Session 8: Vortrag 2529
12:30
KI-basiertes Textfeedback in englischsprachigen Lehrveranstaltungen (KI-TextengL)

ABSTRACT. Die zunehmende Verbreitung KI-basierter Tools zu Textproduktion, -übersetzung und -korrektur (auf Basis neuer Transformer-Technologien, s. Modha et al. 2022) wird im hochschul- und fremdsprachendidaktischen Kontext einerseits unter der Frage des Plagiarismus diskutiert (u.a. Rogerson/McCarthy (2017), Prentice/Kinden (2018), Weßels (2020), andererseits werden Algorithmen zur Automatisierung von Feedback auf Lernertexte entwickelt (u.a. Meyer u.a. (2020)). Beide Perspektiven fokussieren eher die Lehrenden/Prüfenden als die Lernenden. Im Projekt KI-basiertes Textfeedback in englischsprachigen Lehrveranstaltungen stehen demgegenüber die Schreib-Lern-Prozesse der Studierenden im Vordergrund (für einen ähnlichen Ansatz s. Gayed et al 2022b). Wir gehen davon aus, dass ein versierter Umgang mit KI-basierten Schreibtools zur professionellen Schreibkompetenz gehört, der der Vermittlung und Reflexion bedarf (s. auch Fyfe 2022). Den Einsatz KI-basierter Schreibtools erproben und evaluieren wir im Rahmen einer großen englischsprachigen Pflicht-Lehrveranstaltung. Zur inhaltlichen Vertiefung und Vorbereitung der abschließenden Hausarbeit wurden Schreibaufträge konzipiert, die die Studierenden im Laufe des Semesters bearbeiten mussten. Da wissenschaftliches Schreiben auf Englisch als Zweitsprache für die meisten Teilnehmenden (ca. zur Hälfte jeweils lokale und internationale Studierende) völliges Neuland bildet, bekamen sie zu Beginn eine Einführung in academic writing sowie in die Nutzung verschiedener KI-basierter Schreibtools (für einen Überblick s. z.B. Weston-Sementelli et al 2018, Gayed et al 2022a, Godwin-Jones 2022). Ergänzend dazu konnten sie an einem Tutorium teilnehmen, in dem sie dabei angeleitet wurden, Schreibtools zur Überarbeitung ihrer Texte zu nutzen (s. z.B. auch Gnacek et al. 2020). Zur Evaluation des Projekts wurden im WiSe 2022/23 sowohl prozess- als auch produktbezogene Daten erhoben, die im SoSe 2023 ausgewertet werden sollen. Einblicke in die Nutzung der Tools durch die Teilnehmenden gewähren Screenrecordings und daran anschließende Befragungen (stimulated recall (Konrad 2020)). Mittels einer kriteriengeleiteten Bewertung (in Anlehnung an Banerjeea u.a. 2015) aller im Laufe des Semesters entstandenen Texte einschließlich der Hausarbeiten soll erfasst werden, ob/inwiefern die Nutzung der KI-basierten Tools zur Verbesserung der Textqualität beiträgt. In unserem Vortrag möchten wir vorstellen, wie die Teilnehmenden mit dem Feedback der KI-basierten Tools auf ihre Text(entwürf)e umgehen und wie sie den Nutzen der Tools für ihren Schreibprozess einschätzen. In einem Ausblick werden wir Konsequenzen für die Praxis ebenso wie für die Forschung und Theoriebildung skizzieren.

12:50-13:00 Session 9: Pecha Kucha 4125
12:50
Kollaboratives ,Schreibdenken‘ – kreatives Schreiben als Methode der Wortschatzdidaktik (L1

ABSTRACT. „Ohne einen entsprechend ausgebauten Wortschatz entsteht kein guter Text.“ (Merten 2019a, S. 2) Die Korrelation von Wortschatz und Schreiben ist gut erforscht und rückt verstärkt in den Fokus der Sprachdidaktik (vgl. u.a. Kilian 2021). Die ,Qualität‘ des sprachlichen Ausdrucks richtet sich dabei nach der kommunikativen Angemessenheit und der Varianz der genutzten Satzkonstruktionen und des funktionalen und thematischen Wortschatzes. Dies gilt insbesondere für das kreative Schreiben, bei dem der innovative und evozierende Aspekt von Worten dazu einlädt, auch auf der affektiven Ebene sprachlich kreativ und innovativ zu arbeiten. Auch das Bilden einer literalen Identität (vgl. Leßmann 2020) kann durch das kreative Schreiben im Unterricht angeregt und somit die soziale und kulturelle Teilhabe gefördert werden. Die geplante Arbeit beschäftigt sich damit, inwiefern kreatives Schreiben im erstsprachlichen Deutschunterricht (L1) insbesondere durch ein konstantes Feedback durch Lehrkräfte und MitschülerInnen Wortschatzerweiterung und -vertiefung fördern kann. Besonders im Fokus stehen hier das kollaborative Schreiben, im Sinne der Textkooperation: Inwiefern können die metasprachliche Wortschatzreflexion und das objektsprachliche Wortschatzlernen durch kooperatives Schreiben gefördert werden? Nicht nur das kollaborative Schreiben im Sinne einer Ko-Autorschaft wird dabei untersucht; im Fokus der geplanten empirischen Untersuchung steht das Textfeedback in AutorInnenrunden oder gemeinsamen (Vor-)Lesekreisen. Im Rahmen dieses Feedbacks werden Inhalte und auch Sprache der geschriebenen Texte besprochen. Auf diese Weise werden Bedeutung und Passung eines sprachlichen Ausdrucks zur Verhandlungssache und zum Gesprächsgegenstand; die SchülerInnen können beim gemeinsamen ,Schreibdenken‘ andere Bedeutungen, Assoziationen und Kollokationen kennenlernen, wodurch eine vielfältige und tiefere Vernetzung im mentalen Lexikon angeregt werden kann, wie auch Feilke schreibt: „Der kommunikative Aspekt des Schreibens […] bietet zusätzlich die Möglichkeit, voneinander zu lernen“ (2000, S. 4). Das konstante Feedback nutzt in diesem Sinne die sprachlichen Ressourcen, die sich durch Lehrkräfte und SchülerInnen im Klassenzimmer versammeln. Der Anlass des kreativen Schreibens verbindet dabei „kognitive, emotionale und imaginative Prozesse“ (Böttcher 2010, S. 14). Das Dissertationsprojekt wurde im Oktober 2022 begonnen und befindet sich derzeit noch in der Anfangsphase. Es wurde noch keine empirische Untersuchung durchgeführt. Für die empirische Untersuchung ist derzeit eine Untersuchung des Schreibprozesses geplant, indem dieser mittels lauten Denkens (beim Schreiben alleine) und Videobeobachtungen (beim Feedback) erfasst wird.

13:00-13:30 Session 10A: Vortrag 1564
13:00
Automatisches Feedback im Rahmen eines Online-Lernprogramms zur Förderung des argumentierenden Schreibens zu mehreren Quellen

ABSTRACT. Aus Spanien liegen erste wissenschaftlich evaluierte Online-Lernprogramme zur Förderung des wissenschaftlichen Schreibens zu multiplen Quellen vor, die sich als lernförderlich erwiesen haben. Im Rahmen des Lehrfonds-Projekts «LUDIS – Lernumgebung zu diskursiven Synthesen im Studium» ist eine solche innovative Lernumgebung auf der Basis der Arbeiten von Luna et al. (2020) für Studierende des Studiengangs Sekundarstufe I an der Pädagogischen Hochschule FHNW ausgearbeitet und in Moodle umgesetzt worden. Die Studierenden durchlaufen in dieser Lernumgebung unterschiedliche aufeinander aufbauende Einheiten, die darauf abzielen, sie im wissenschaftlichen Schreiben zu multiplen Quellen zu fördern. Der Fokus liegt dabei auf dem Verfassen einer argumentativen Synthese. Die in den verschiedenen Lerneinheiten stattfindende Vermittlung in Form von Videosequenzen folgt einem expliziten Ansatz, der durch ein ausdrückliches Benennen, Erklären, Begründen und Modellieren gekennzeichnet ist (z. B. Philipp, 2020). Die Vertiefung der Inhalte der einzelnen Lerneinheiten erfolgt in Form von Übungen, die die Absolvent*innen des Lernprogramms mit Hilfe von automatischem Feedback, das im unmittelbaren Anschluss an das Absolvieren einer Übung eingeblendet wird, überprüfen können. Insbesondere für die Selbsteinschätzung der in der Lernumgebung verfassten Texte wird den Studierenden eine mögliche Lösung gezeigt und diese erklärt und begründet. Das Online-Lernprogram wird mit Prä-/Post-Design und Kontrollgruppe evaluiert. Zudem wird die Akzeptanz – insbesondere auch des automatischen Feedbacks – mittels Fragebogen erhoben. Im Referat wird das Lernprogramm mit speziellem Fokus auf das automatische Feedback vorgestellt. Zudem werden Ergebnisse aus der Evaluation präsentiert.

13:00-13:30 Session 10B: Vortrag 535
13:00
Lehrkräftefeedback im Englischunterricht der Klasse 9: affektiv-motivationale Effekte

ABSTRACT. Das Verfassen kohärenter Texte bereitet vielen EFL-Lernenden große Schwierigkeiten, was besonders beim argumentativen Schreiben deutlich wird (Siekmann et al., 2022). Diese Schwierigkeiten können unter anderem auf motivational-affektive Faktoren und ein mangelndes Vertrauen der Lernenden in ihre Schreibfähigkeiten zurückzuführen sein (Bruning & Kauffman, 2016). Es ist hinlänglich bekannt, dass Feedback die Motivation der Lernenden beeinflussen kann und dass wiederum die Motivation eine zentrale Rolle für die Akzeptanz von Feedback spielt (Liu & Yu, 2022). Jedoch mangelt es an experimentellen Studien, die Einblicke in die Auswirkungen verschiedener Feedbackmethoden auf motivational-affektive Aspekte des Schreibens bieten (siehe das systematische Review von Camacho et al., 2020). Insbesondere fehlt es an Studien, die die motivational-affektiven Auswirkungen von individualisiertem Feedback mit denen standardisierten Feedbacks vergleichen. Letzteres ist in größeren Gruppen leichter zu implementieren und hat dennoch das Potenzial, die Schreibkompetenz zu verbessern (Lipnevich et al., 2014).

Im Vortrag fokussieren wir folgende Forschungsfragen (FF): FF 1: Inwieweit beeinflusst die Feedbackmethode (standardisiert vs. individualisiert vs. standardisiert kombiniert mit individualisiert) die Selbstwirksamkeit beim Verfassen von Aufsätzen in der Fremdsprache? FF 2: Inwieweit beeinflusst die Feedbackmethode (standardisiert vs. individualisiert vs. standardisiert in Kombination mit individualisiert) die Schreibangst beim Verfassen von Aufsätzen in der Fremdsprache?

Wir präsentieren erste Ergebnisse aus unserer experimentellen Interventionsstudie mit einem Prä-, Post-, und Follow-Up Design, die im Englischunterricht der Jahrgangsstufe 9 durchgeführt wurde (ca. 300; Datenanalyse noch nicht abgeschlossen). Die Teilnehmenden wurden randomisiert und drei Experimentalgruppen (EG) zugeteilt, die im Rahmen einer Lerneinheit zum argumentativen Schreiben verschiedene Formen von formativem Lehrkräftefeedback erhielten (individualisiert, standardisiert oder kombiniert). Die Entwicklung der Selbstwirksamkeit und Schreibangst der Lernenden in den Experimentalgruppen (EG) wird mit der Entwicklung in zwei Kontrollgruppen (KG1: Teilnahme an der Lerneinheit ohne Feedback; KG2: keine Teilnahme an der Lerneinheit) auf Basis von Fragebogendaten verglichen. Die Datenerhebung ist abgeschlossen; die Datenauswertung ist in Arbeit.

13:30-14:30Mittagspause
14:30-16:00 Session 11A: Workshop 4710
14:30
Textfeedback im Studiengang Kreatives Schreiben und Texten

ABSTRACT. Im BA-Studiengang Kreatives Schreiben und Texten an der SRH Berlin University of Applied Sciences ist Peer-Textfeedback ein elementarer Bestandteil des Studiums, der sich in Form der "Textwerkstatt" durch alle Semester zieht. Die Studierenden lernen im ersten Semester zehn Feedbacktechniken kennen, die wir zusammengestellt haben aus Vorschlägen der DAS Art School und nach Elbow und Belanoff (1989). Dabei sind uns die von der DAS Art School genannten Ziele wichtig: „The central aims for the feedback situations are: to empower the artist who is getting feedback on his or her work, to go beyond the pronouncement of judgments, to allow fundamental criticism, to create a sense of (self-) discipline for the sake of precision and clarity, and, last but not least, to increase the enjoyment of giving and receiving feedback.“ https://www.atd.ahk.nl/en/theatre-programmes/das-theatre/feedback-method/ (letzter Zugriff: 26.08.2020)

Für die Textwerkstatt wählen jeweils einzelne Studierende einen Text aus, auf den sie sich Rückmeldung wünschen und posten ihn einige Tage vorab mit Feedbackwünschen, zu denen auch die Nennung der gewünschten Feedbacktechniken gehört. Die anderen Studierenden bereiten sich auf die Feedbackrunden diesen Wünschen entsprechend vor. Bei den Texten handelt es sich in der Regel um literarische, manchmal auch im essayistische Texte bzw. Textausschnitte.

Um das Überarbeiten anzuregen, werden in der zweiten Hälfte des Semesters Texte besprochen, die zum Abschluss in einer öffentlichen Lesung performt werden.

Im Workshop stelle ich die Feedbacktechniken vor und berichte von Erfahrungen, z.B. von Vorlieben der Studierenden. Anschließend erproben wir selbst die Techniken -- je nach Gruppengröße in Breakoutrooms oder in der großen Runde. Eigene, sehr kurze Texte können für die Besprechungen gerne eingebracht werden, bei Interesse bitte vorab die Workshopleiterin kontaktieren.

14:30-16:00 Session 11B: Workshop 8946
14:30
"Sie denkt viel vor der Zeit von Helmut nach" - Aufgabe, Textur, Gestus - ein Dreigespann mit Unfallrisiko

ABSTRACT. Der “Unfall“ hat sich in diesem Fall in der Inhaltsangabe eines Siebtklässlers ereignet. Ähnliche ereignen sich tagtäglich en masse, auch in Texten Erwachsener. Offensichtliche sprachliche Mängel aber trüben den Blick auf den Text und verleiten zu vorschnellen Rückschlüssen auf Person und Fähigkeiten der Schreibenden. Darüber geraten Text und Schreibakt in Misskredit. Wie kann eine Annäherung aussehen, die das vermeiden möchte und so zur Überarbeitung motiviert? Im 1. Teil gibt Sabine Birck Einblicke in den Weg der „aktivierenden Resonanz“, den sie in ihrer 30jährigen Institutsarbeit entwickelt hat. Die Voraussetzung dafür ist eine Wahrnehmung des Textes, die sich frei vom Beurteilungszwang seiner Immanenz überlässt. Dabei sind die Teilnehmer*innen eingeladen, die Annäherung an Text und Schreiber in folgenden Schritten mitzuvollziehen: 1. Was teilt uns der Satz in Gedanke und Klang mit? 2. Was teilt der Text in Gedankengang und Klang mit? 3. Wie fügt sich der Satz in den Text? 4. Welche Schwierigkeiten hatte der Schreiber?

Im 2. Teil thematisiert Winnie-Karen Giera verschiedene Möglichkeiten des Feedback auf dem Hintergrund der empirischen Schreibforschung. Im gemeinsamen Erproben ergeben sich Fragen 1. nach der Rolle der Feedbackgebenden im Schreibprozess, 2. nach den Chancen der Textüberarbeitung, die mit der Art eines Feedback eröffnet werden, 3. nach der Position im Spannungsfeld zwischen Leistungsanforderung und textimmanenter Wahrnehmung. Final sollen ähnliche Erfahrungen der Workshopteilnehmenden in ihrer hochschuldidaktischen, schulpraktischen sowie professionellen Schreibarbeit geteilt und diskutiert werden.

Workshopleitung:

Sabine Birck, M.A. notabene Sprachkonzept, Essen

Prof. Dr. Winnie-Karen Giera Juniorprofessur für Deutschdidaktik im inklusiven Kontext/Förderschwerpunkt Sprache und Kommunikation (Sekundarstufe I), Universität Potsdam