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Begrüßung durch den Trustee und Vorsitzenden des Programmkomitees Prof. Mag. Dr. Dr. Erich Schweighofer sowie das Programmvorsitzteam
Eröffnung der Konferenz:
o.Univ.-Prof. DDr. Dr. h.c. mult. Johannes Michael Rainer, Dekan der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Universität Salzburg (online)
Grußadresse: Univ.-Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud, Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Universität Wien (angefragt, online)
Survival auf dem IRI§24: Tipps des Programmvorsitzteams mit vielen Hinweisen auf das IRI§24-Heftl und die Website
09:00 | Datenschutz im Zeitalter künstlicher Intelligenz ABSTRACT. Datenschutz & KI & HR Das Thema KI beschäftigt uns auch im juristischen Bereich, wobei Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis eine entscheidende Rolle spielen und die Basis für juristische Überlegungen darstellen. Nach einem Einstieg zum Verhältnis Datenschutz und KI („KI ist bereits reguliert“) sollen anhand von KI-Anwendungsmöglichkeiten im HR-Bereich (Kandidat*innensuche, Sourcing etc.), juristische Überlegungen inkl. aktuellem Über- und Ausblick gegeben werden. Abschließend wird über in diesem Zusammenhang wichtige neue Regelungen aus der EU-Digitalstrategie, wie insbes Digital Markets Act und AI-Act berichtet. Achtung/Bitte: Termin für Vortrag: nur am Donnerstag 15.02.2024 möglich! |
09:30 | Recht auf maschinelles Vergessen(werden) ABSTRACT. Im Zuge der Verhandlungen der Datenschutz-Grundverordnung lag ein Fokus auf der Frage, ob es ein harmonisiertes Recht auf Vergessen oder, präziser, ein Recht auf Vergessenwerden geben muss und wie dieses auszugestalten ist. Heute, bald zehn Jahre später, ist maschinelles Lernen in aller Munde, eine europäische Regulierung von Künstlicher Intelligenz – die mitunter in einem Atemzug mit maschinellem Lernen genannt wird – steht seit knapp drei Jahren vor der Tür und befindet sich, um im Bild zu bleiben, auf der Schwelle zur Rechtswirklichkeit. Es ist nun an der Zeit, dass sich die Rechtswissenschaft vertieft mit einem Recht auf maschinelles Vergessen(werden) befasst. Doch was hat es damit auf sich? Maschinelles Lernen ist bekanntermaßen daten-hungrig, Trainingsdaten sind eine notwendige Bedingung für die meisten maschi-nellen Lernverfahren. Je nach beabsichtigtem Anwendungskontext der trainierten Modelle ist es unumgänglich, dass (auch) solche Daten als Trainingsdaten genutzt werden, die Gegenstand spezifischer rechtlicher Befugnisse sind: Insbesondere bei generativen KI-Systemen ist es kaum vermeidbar, dass zumindest auch personenbe-zogene Informationen und urheberrechtlich geschützte Informationen zu den Trainingsdaten gehören. Dementsprechend wird in beiden Rechtsgebieten vor allem die Frage erörtert, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Nutzung dieser Daten zum maschinellen Lernen rechtlich zulässig ist: Im Datenschutzrecht fokussiert sich die Diskussion auf die Suche nach einem Erlaubnistatbestand nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO, im europäischen Urheberrecht wird vor allem diskutiert, inwieweit von den spezifischen Schrankenregelungen für das Text- und Data-Mining Gebrauch gemacht werden kann. Soweit das Ergebnis lautet, dass die Nutzung einer Information als Trainingsdatum unzulässig ist, ist der Blick auf die Rechtsfolgen zu richten. Hierbei ist aus rechtlicher Sicht weitgehend unproblema-tisch, dass rechtswidrig genutzte Daten aus den Trainingsdaten für zukünftige Lernzyklen zu entfernen sind. Was aber ist mit dem trainierten Modell? Umfassen die bestehenden datenschutz- und urheberrechtlichen Rechtsbehelfe für den Fall einer rechtswidrigen Daten- bzw. Werknutzung auch eine Entfernung der durch die Nutzung beeinflussten Parameter eines Systems? Der Beitrag soll die Diskussion hierzu eröffnen und anhand der in der Informatik diskutierten Ansätze zum „machine unlearning“ mögliche Lösungswege aus rechtlicher Sicht aufzeigen. |
10:00 | Federated Machine Learning als Mittel zur Überwindung rechtlicher Hürden der Forschung mit Gesundheitsdaten PRESENTER: Jan Hospes ABSTRACT. Federated Machine Learning ermöglicht die übergreifende Beforschung von Datenbeständen mehrerer medizinischer Einrichtungen, wobei die Daten ausschließlich in der jeweiligen Einrichtung verbleiben, in der sie erhoben wurden. Dies erhöht nicht nur die Zugänglichkeit vorhandener Gesundheitsdaten für die Forschung, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten betreffend die Rechtsgrundlagen für solche Forschung, die im Beitrag analysiert werden. |
09:00 | Statistische Betrachtungen zum E-Gov-Campus-Bildungsangebot Human Factors im E-Government-Design - Durch Menschenzentrierte Gestaltung zu besseren Services ABSTRACT. Das seit 2021 auf dem eGov-Campus angebotene Bildungsangebot „Human Factors im eGovernment-Design – Durch menschenzentrierte Gestaltung zu besseren Services“ verzeichnete am 9.8.2023 über 570 Teilnehmende. Im Beitrag werden insbesondere die systemseitig zur Verfügung stehenden anonymen Nutzungsdaten als auch Umfragen zum Start und Ende des Angebotes ausgewertet. Hierüber lassen sich einige grundlegende Erkenntnisse zu den Nutzungszahlen und den Nutzenden selbst, zum Nutzungsverhalten und zu Nutzungsmotiven treffen. Beantwortet wird ferner, wie die Nutzenden auf das Lernangebot aufmerksam wurden und welche Inhalte für den Lernprozess als besonders hilfreich angesehen wurden. |
09:30 | Cybersecurity Management in der Stadtverwaltung ABSTRACT. Zuerst wird der IST-Zustand des Cybersecurity Handlings in grösseren Städten im Raum DACH beschrieben und mit Beispielen anderer Länder verglichen: wo ist die Verantwortung in der Organisation aufgehängt, wie viel Ressourcen stehen zur Verfügung und wie wird die Bevölkerung darüber informiert. Anhand von Fallbeispielen werden darüber hinaus die angewandten Methoden und die fachlichen Qualifizierungen beleuchtet. Anschliessend werden die Zertifizierung für Fachpersonen und die Methoden-Frameworks für Institutionen in Bezug auf ihre Relevanz und Tauglichkeit für Stadtverwaltungen verglichen. |
10:00 | Once Only in der Single Digital Gateway Verordnung. Neue Methoden und Techniken für das europäische eGovernment PRESENTER: Björn Lellmann ABSTRACT. Der Artikel wird folgende Themen beinhalten: 1) Die Umsetzung des Once Only in der SDGR - Organisation - Einflussfaktoren aus der Umwelt 2) Neue E-Government Prozesse durch SDG-OOP - Formalisierung Nachweisäquivalenz (Kriterien/Nachweisarten und daraus folgende Prozesse), inkl. „Potentiale dieses Ansatzes für die öffentliche Verwaltung - IT-Systeme (Architektur, Basiskomponenten/Shared Services) - UX (Komplexität, Datenschutz, User Experience - Daten (Datenmanagement, KI) - Ergebnisse aus Analysen und Ableitungen 3) Verwandte Themenbereiche und Initiativen 4) Zusammenfassung und Ausblick Wir werden für den Vortrag und den Artikel, aufbauend auf die vorhergehenden Artikel von den vorhergehenden Beiträgen der letzten zwei Jahre, die spezifischen Herausforderungen und Lessons Learned (Technik, Organisation) bis zum in Kürze stattfindenden Launch des Systems hervorheben. |
Die Automatisierung von Vertragsbeziehungen bietet enormes Innovationspotential. Die Beschleunigung von Vertragsschlüssen und Erfüllungshandlungen soll in Wertschöpfungsnetzwerken der Industrie 4.0 zu einer erheblichen Reduktion von Transaktionskosten führen. Die Ausführung von Smart Contracts auf Basis organisationsübergreifend verwalteter Blockchain-Technologien bietet eine Möglichkeit, den manipulationssicheren Datenaustausch zwischen und die ebensolche Speicherung auf Knoten von Peer-to-Peer-Netzwerken ermöglichen. Der Einsatz von Maschinen und die Kommunikation Maschine zu Maschine wirft dabei insbesondere im Hinblick auf Zahlungsanweisungen rechtliche Fragestellungen auf. Während schuldrechtlich die Zurechnung und Verbindlichkeit der Anweisung sowie die Finalität der Zahlung in Frage stehen, zeigen sich aufsichtsrechtlich Hürden aufgrund der Erfordernisse starker Kundenauthentifizierung. Im Panel werden Möglichkeiten der Automatisierung von Zahlungen zwischen Unternehmen diskutiert und dabei ausgewählte rechtliche Fragestellungen des nationalen und EU-rechtlichen Rechtsrahmens erörtert. Technisch wird zum einen die Auslösung von Zahlungsanweisungen mittels sog. Triggerlösungen in den Blick genommen. Zum anderen wird beleutet, ob die Tokenisierung von Werten auch im Rahmen der Erfüllungen von Zahlungsverbindlichkeiten zum Einsatz kommen kann.
The automation of contractual relationships offers enormous potential for innovation. The acceleration of negotiating and concluding contracts, as well as acting for fulfillment of obligations should lead to a significant reduction in transaction costs in Industry 4.0 value chain networks. The execution of smart contracts based on cross-organizationally managed blockchain technologies offers an opportunity to enable tamper-proof data exchange between and storage on nodes of peer-to-peer networks. The use of machines and machine-to-machine communication raises legal issues, particularly with regard to payment orders. While the attribution and liability of the order and the finality of the payment are in question under the law of obligations, there are regulatory hurdles due to the need for strong customer authentication. The panel will discuss the possibilities of automating payments between companies and selected legal issues under the national and EU legal framework. On the one hand, the technical aspects of triggering payment instructions using so-called trigger solutions will be examined. On the other hand, it will be shown whether the tokenization of values can also be used in the context of fulfilling payment obligations.
- Wie die Blockchain-Technologie neue Formen des Geldes ermöglicht und den Zahlungsmarkt verändert, Maximilian Baum, Deutsche Bank: Wie die Blockchain-Technologie neue Formen des Geldes ermöglicht und den Zahlungsmarkt verändert.In der sich ständig wandelnden Finanzlandschaft gewinnen neue Geldformen wie tokenisierte Einlagen, digitale Zentralbankwährungen und Stablecoins zunehmend an Bedeutung. Während viele traditionelle Banken ihren Fokus auf tokenisierte Einlagen legen, beschäftigen sich die Zentralbanken mit sogenannten Retail und Wholesale Central Bank Digital Currencies (CBDC), wie beispielsweise dem Digitalen Euro Projekt der Europäischen Zentralbank oder dem DL3S der Banque de France. Neben diesen Projekten, die vornehmlich aus der traditionellen Finanzwelt kommen, entstehen immer mehr Stablecoin Herausgeber, die ab dem 30.06.2024 nun auch durch die Verordnung über Märkte für Kryptowerte reguliert werden. Da viele Finanzinstitute noch kein tokenisiertes Geld anbieten, müssen viele automatisierte Prozesse auf der Blockchain noch über traditionelle Zahlungssysteme abgewickelt werden. Um eine Automatisierung zu ermöglichen, können hierzu beispielsweise Corporate Seals genutzt werden, um einen Prozessablauf ohne menschliche Interaktion zu ermöglichen.
- Sicherheit bei der Zahlungsabwicklung in intelligenten Verträgen, Dušan Dubajić, Saarland University: Der Beitrag befasst sich mit den neuesten Entwicklungen in der Blockchain-Technologie, die Smart Contracts als Standardform der rechtlichen Manifestation von Geschäftskommunikation etabliert haben. Kommerzielle Transaktionen im B2B-Umfeld erfordern einen stabilen, vorhersehbaren und zuverlässigen Zahlungsmechanismus, der eine pünktliche und vollständige Erfüllung der Verpflichtungen ermöglicht. Die erfolgreiche Implementierung von Zahlungsmechanismen, die auf der Distributed Ledger Technology (DLT) basieren, in Smart Contracts, ist der nächste Schritt auf dem Weg zum endgültigen Durchbruch dieser Technologie in der produktiven Anwendung. Der Beitrag fokussiert die rechtlichen Implikationen aktueller technischer Lösungen, die die Selbstausführung, Selbstdurchsetzung und Selbstaufhebung von intelligenten Verträgen ermöglichen könnten.
- Zahlungsverkehr und Tauschhandel - Recht und Informatik, Marc A. Ostoja-Starzewski, Universität des Saarlandes: Die Tokenisierung von Werten setzt sich trotz der Volatilität sogenannter Kryptowährungen weiter durch. Während in den Vereinigten Staaten von Amerika strenge Regulierungsstandards angewandt werden und Regulierungsprojekte einen restriktiven Ansatz verfolgen, bietet die EU-Regulierung einen offeneren Umgang mit Krypto. Das Blockchain-Pilotprojekt der EU wurde kürzlich gestartet. Weitreichende Regelungen auf der Grundlage der Ergebnisse sind zu erwarten. Zudem stellt die EU-Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (MiCAR) umfangreiche Regelungen z.B. für Crypto Asset Services und deren Service Provider zur Verfügung. Das Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1423) ermöglicht die elektronische Emission von Wertpapieren on-chain und off-chain auf nationaler Ebene. Auch das Aktienrecht ist betroffen; eine Reform öffnet dieses für den Einsatz von DLT-Technologie. Die EZB arbeitet an der Ausgestaltung und den Alternativen bei der Einführung eines digitalen Euro. Die derzeitigen Regelungen und Reformvorhaben haben allerdings nur fragmentarischen Charakter. Eine generelle rechtliche Qualifizierung von Token ist nach Ansicht des Autors aufgrund der vielen unterschiedlichen Formen von Token nicht möglich. Kryptowährungen sind keine Währungen. Die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen setzt, sofern nicht anders vereinbart, die Zahlung in FIAT-Währung voraus. Zugleich lassen sich zahlreiche Geschäftsmodelle identifizieren, die den Handel mit Kryptowährungen und Token beinhalten. Während hier schuldrechtlich u.a. Tauschgeschäfte und die Annahme an Erfüllung statt in Betracht kommen, ist die sachenrechtliche Einordnung zweifelhaft. Der Artikel analysiert, wie die Entwicklung digitaler Zahlungsformen möglicherweise zu einer Veränderung ganz grundsätzlicher Regeln und Prinzipien und des Verständnisses der Zahlungspflicht des Schuldners führt, verbunden mit dem Risiko von Zahlungsausfällen.
- Blockchain-Kommunikation für on-chain contracting im Zahlungsverkehr, Marc A. Ostoja-Starzewski, Universität des Saarlandes, Timucin Korkmaz, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML: Der Zahlungsverkehr wird bereits heute unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitungssoftware weitestgehend automatisiert durchgeführt. Zunehmend werden Whitepaper veröffentlicht, Proof-of-Conzept erarbeitet und Pilotierungen vorgenommen, die eine Automatisierung unter Einsatz von dezentralen Netzwerken, wie beispielsweise Blockchain, zum Gegenstand haben. Rechtlich gesehen werden an verschiedenen Stellen bei Anbahnung einer Vertragsbeziehung, Erteilung eines Zahlungsauftrags und Durchführung des Zahlungsauftrags Willenserklärungen, sowie rechtsgeschäftsähnliche Handlungen vorgenommen und Erklärungen abgegeben. Auch das Onboarding des Bankkunden, sowie die Erfüllung von Anti-Geldwäsche- und Anti-Korruptions-Verpflichtungen und die Einhaltung von Sanktionslisten erfordert Informationsaustausch und – an verschiedenen Stellen – Erklärungen des Bankkunden. Sofern die Zahlung nicht als Echtzeitüberweisung im Rechtsrahmen des SEPA-Instant-Payment ausgeführt wird, sondern als herkömmliche Überweisung oder im Lastschriftverfahren, kommen aufgrund der zeitlich versetzten Ausführung und Finalität weitere Rechtsgeschäfte im Sinne eines Widerrufs eines erteilten Zahlungsauftrags in Betracht. Die Automatisierung der Transaktionsausführung in Distributed Ledger Technologies bietet Möglichkeiten der dezentralen, abgesicherten und schnellen Interaktion, die u.a. im Rechtsverkehr mit Wertpapieren bereits testweise implementiert werden. Zugleich stellen sich bei Einsatz der unterschiedlich ausgeformten DLTs grundlegende Fragen der Rechtsgeschäftslehre. Untersucht werden die technischen Verarbeitungsschritte in DLTs, die typischerweise oder exemplarisch als Abgabe einer Erklärung und als Zugang der Erklärung beim Adressaten rechtlich zu werten sind.
11:00 | Anonymisieren und dann? ABSTRACT. Bei Verträgen zur Datenanalyse finden sich häufig Klauseln, wonach die überlassenen personenbezogenen Daten nach Beendigung des Auftrags nicht gelöscht bzw. herausgegeben werden müssen. Vielmehr sollen die Daten „nur“ anonymisiert werden. Diese Daten werden dann durch den (vormaligen) Auftragnehmer für eigene Zwecke, wie das Anlernen von Algorithmen, genutzt. Nach behördlicher Auffassung kann eine Anonymisierung dem Löschen gleichgestellt werden. Die DS-GVO wäre anschließend nicht mehr anwendbar. Aber es bestehen darüber hinaus noch weitere rechtliche Implikationen. |
11:30 | Vortrag: § 52 Abs. 3 MsbG – Eine zulässige Konkretisierung der Anonymisierungsanforderungen aus der DSGVO? ABSTRACT. Die Anonymisierung von personenbezogenen Daten ist eines der bestimmenden Themen der datenschutzrechtlichen Forschung. Eine erfolgreiche Anonymisierung verspricht für Verantwortliche aufgrund der Nichtanwendbarkeit der Vorschriften der DSGVO große Vorteile und bietet dabei auch noch einen hohen Schutz für die Betroffenen. Andererseits sind die Anforderungen der DSGVO an eine Anonymisierung selbst bei einer weiten Auslegung des Begriffs denkbar hoch. Ferner enthält die DSGVO keine Regelung oder spezifische Anforderungen an die Anonymisierung, was zu Rechtsunsicherheiten führt. Auch aus technischer Sicht ist das Anonymisieren von personenbezogenen Daten ein komplexes Unterfangen, sofern die Daten anschließend noch für die jeweilige Anwendung brauchbar sein sollen. Zahlreiche Beispiele nur vermeintlich anonymer Daten verdeutlichen, dass eine Re-Identifizierung auch nach der Anwendung eines Anonymisierungsverfahrens teils noch mit einem verhältnismäßigen Aufwand möglich sein kann. Es überrascht daher nicht, dass unterschiedliche Akteure aus Wirtschaft und Forschung eindeutige Regelungen für die Anonymisierung fordern. Dieser Forderung ist der europäische Gesetzgeber bislang allerdings nicht nachgekommen. Mit § 52 Abs. 3 des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) hat der deutsche Gesetzgeber nun tatsächlich Anforderungen an eine Anonymisierung festgelegt, konkret für die Verarbeitung von Stromverbrauchsdaten. So soll eine Anonymisierung der Daten von Anschlussnutzern – also beispielsweise der zur Nutzung des Netzanschlusses berechtigte Letztverbraucher – erfolgen können, indem insbesondere eine Aggregation der Daten von mindestens fünf Anschlussnutzern vorgenommen wird. Es lässt sich einfach zeigen, dass in einigen Fällen dennoch Rückschlüsse über individuelles Nutzungsverhalten gezogen werden können. Daher stellt sich die Frage, ob die nationale Regelung überhaupt den Anforderungen der DSGVO genügt oder unionsrechtswidrig ist. Der Vortrag untersucht diese Frage anhand einer interdisziplinären rechtlich-technischen Analyse. |
12:00 | Diskussion der Verwendung von nonkonformen CAPTCHAs auf österreichischen Behörden- und Regierungswebsites und datenschutzfreundlicher Alternativen PRESENTER: Karl Pinter ABSTRACT. CAPTCHAs (Completely Automated Public Turing Test To Tell Computers and Humans Apart) sollen zwischen „Mensch und Maschine“ unterscheiden. Aufgrund der Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens werden CAPTCHAs immer schneller und effizienter auch durch Maschinen gelöst. Daher wurden verhaltensbasierte CAPTCHAs entwickelt, die jedoch personenbezogene Daten sammeln und auswerten. Gerade in der Europäischen Union kann dies aufgrund der DSGVO schnell zu Spannungen führen. Die Autoren analysieren die Verarbeitung von Daten und stellen fest, dass es zu einem Datenabfluss und in Folge zu Datenschutzbedenken kommen kann. Sie erörtern daraufhin mögliche datenschutzfreundliche Alternativen. |
11:00 | Neue Informationstechniken - Neue Verwaltungsstrukturen? ABSTRACT. Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen. Das Spektrum reicht dabei von dringend erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnungsangebotes in den Metropolen über die grundlegende Sanierung der Verkehrsinfrastrukturen, den Ausbau der erneuerbaren Energien bis zum klimaneutralen Umbau der Wirtschaft bei gleichzeitiger Sicherung der industriellen Basis. Vor dem Hintergrund begrenzter bzw. schwindender personeller und finanzieller Ressourcen wird es ohne radikale Veränderungen im Bereich des öffentlichen Sektors nicht gelingen, die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen. Datenzentrierte IT-Architekturen, plattformbasierte öffentliche Leistungsnetzwerke sowie die Möglichkeiten einer weitreichenden Automation (u.a. durch Nutzung neuer Intelligenztechnologien) befördern aktuell einen Paradigmenwechsel im Bereich des IT-Einsatzes in der öffentlichen Verwaltung. Aufbauend auf den Erkenntnissen der OZG-Umsetzung sowie den krisenbedingten IT-Projekten sollen Eckpunkte einer möglicherweise neuen Ära der Verwaltungsinformatik vorgestellt und diskutiert werden. Der Titel des Impulses erinnert bewusst an den Band der Schriftenreihe Verwaltungsinformatik aus dem Jahr 1988 (Hrsg: Reinermann/Fiedler/Grimmer/Lenk/Traunmüller). |
11:30 | PRESENTER: Marianne Mauch ABSTRACT. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in Deutschland bleibt oft an der Bürotür stehen und konzentriert sich nur auf die Bedürfnisse der Bürger. Es deckt keine verwaltungsinternen Prozesse ab und lässt verschiedene Akteure außen vor. Eine große Hürde für eine echte durchgängige Digitalisierung ist das Fehlen detaillierter, interoperabler Beschreibungen, die von allen interessierten Parteien genutzt werden können, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, Entscheidern auf allen Ebenen, Verwaltungsmitarbeitern und zukünftigen Bürgerentwicklern. Sie alle benötigen sowohl ein Gesamtbild als auch Details zu gesetzlichen Regelungen, bestehenden Standards und spezifischen Anforderungen. Unser Ziel ist es, eine solche Wissensbasis zu schaffen und ihre Nutzung in einem ersten durchgängig digitalisierten öffentlichen Dienst zu demonstrieren. Wir analysieren den Text eines Gesetzes, das sich mit einem öffentlichen Dienst befasst, und leiten daraus formale Definitionen der zugrunde liegenden Prozesse, Datenfeldern und notwendigen Entscheidungen ab. Wir ergänzen dies durch semantische Annotationen und Links zu verfügbaren Standards. Dies bildet die Grundlage für innovative, neue Dienste wie eine Plattform für Citizen Developer zur einfachen Erstellung und Änderung vollständig digitalisierter öffentlicher Dienste oder Bildungsmodule, die automatisch auf dem neuesten Stand gehalten werden. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung Jena, der Hochschule Kehl, BfPI GmbH, Universität Bielefeld, DLR Institut für Datenwissenschaften, betterlaw Knowledge Tools Automation GmbH, SHI Stein-Hardenberg Institut GmbH, InfAI GmbH untersucht die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit der Arbeitsgruppe "Offenes Design digitaler Verwaltungsarchitekturen" (AG openDVA) aus dem Blickwinkel dreier durch das Bundesministerium des Inneren und der FITKO geförderter Forschungsprojekte im Detail einen konkreten Fall des Bürgergeldes der jenarbeit. Gestartet wird bei unterschiedlichen Versionen des Gesetzestextes, über die Analyse unterschiedlichster Prozesse, Datenfelder und Entscheidungen bis hin zur Digitalisierung dieser Leistung für die jenarbeit mit dem Ziel der Analyse und Veröffentlichung von relevantem, semantisch beschriebenem und verknüpftem Wissen. |
11:00 | Das Potenzial von Sprachmodellen bei der Erstellung von verständlichen Datenschutzerklärungen PRESENTER: Thorsten Conrad ABSTRACT. Obwohl Datenschutzerklärungen einen hohen rechtlichen Stellenwert haben, sind sie oftmals schwer verständlich. Daher ist zu untersuchen, ob dies noch den Anforderungen der DSGVO entspricht und ob Sprachmodelle Verantwortliche dabei unterstützen können, verständliche Datenschutzerklärungen zu erstellen. Exemplarisch werden zwei Sprachmodelle zur Erstellung vereinfachter Datenschutzerklärungen herangezogen und ihre generierten Texte stichprobenartig auf rechtliche Korrektheit und inhaltliche Vollständigkeit überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass Sprachmodelle eine Hilfe in der Erstellung lesbarer Texte sein können, die generierten Texte jedoch noch Schwächen aufweisen. |
11:30 | KI-SPRACHMODELLE: IT-SICHERHEIT UND EINSATZ IN DER PROGRAMMIERUNG ABSTRACT. KI bzw große Sprachmodelle (Large Language Models - LLMs; zB ChatGPT) können sehr gute Formulierungen von Texten gewünschten Inhalts – auch in Fremdsprachen – erzeugen, was das Ökosystem von Phishing-Angriffen verändern kann. Dieser Beitrag untersucht dies von technischer wie auch rechtlicher Seite. Eine weitere Anwendung dieser Sprach-modellen ist die Unterstützung bei der Programmierung: Vom verbesserten Auto-Vervollständigen hin zur automatischen Generierung ganze Methoden oder Test-Klassen. Auch hierbei stellen sich Rechtsfragen, insb ob es sich beim Einsatz solcher Techniken um Urheberrechtsverletzungen handelt, was spezifisch von deren Funktionsweise abhängt. |
12:00 | Der Legal Co-Pilot im deutschen Mietrecht ABSTRACT. In dieser Präsentation geht es um den Einsatz von großen Sprachmodellen als Legal Co-Pilot im deutschen Mietrecht. Ein Legal Co-Pilot ist ein intelligentes System, das Anwälten und anderen Rechtsanwendern bei der Suche nach relevanten Informationen und der Analyse von Rechtsfällen unterstützt. Wir werden uns darauf konzentrieren, wie große Sprachmodelle dazu beitragen können, die Effizienz und Genauigkeit von Legal Co-Piloten zu verbessern, insbesondere im Kontext des deutschen Mietrechts. Wir werden auch die Herausforderungen und Potenziale diskutieren, die mit dem Einsatz von KI-Technologien im Recht verbunden sind. |
Impulsreferate:
Mag. Dr. Jakob Zanol, Bundeskanzleramt Wien
Mag. Vinzenz Heussler, Europäische Kommission, Brüssel
RA Mag. Dr. Stefan Eder, Kanzlei Benn-Ibler, Wien / Cybly, Wien/Salzburg
14:00 | Juristische Sprachmodelle: Errungenschaften, Chancen & Risiken für Juristische Fachverlage ABSTRACT. Sprachmodelle beeinflussen den Bereich der elektronischen juristischen Fachinformation schon jetzt intensiv. ChatGPT zeigt eindrucksvoll Entwicklungslinien für Rechtsdatenbanken auf und hat darüber hinaus auch eigene Anwendungsbereiche im Bereich der Rechtsinformation. Der Beitrag berichtet von Erfahrungen mit Juristischen Sprachmodellen aus der Praxis und diskutiert diese kritisch vor dem Hintergrund von Forschungsergebnissen aus der Rechtsinformatik. Das ermöglicht eine erste Einordnung für einen sinnvollen, aber kritischen Umgang mit der Technologie. |
14:30 | FINDOK-Relaunch: neue technische Plattform und neue Oberfläche - einfacher, kompakter, moderner ABSTRACT. Die Finanzdokumentation (FINDOK) beinhaltet Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes (Erkenntnisse, Beschlüsse) sowie Erlässe und Richtlinien zum Steuerrecht und Zollrecht des Bundesministeriums für Finanzen. Die Oberfläche wurde zuletzt 2014 neugestaltet. Nun war es Zeit für ein Re-Design. Seit Anfang 2024 präsentiert sich die FINDOK kompakter und zeitgemäß. Bereits der Startbildschirm führt zu aktuellen neuen Dokumenten, die über mehrere Register aufrufbar sind. Neben den Registern für BMF, BFG, Amtliche Veröffentlichungen und Richtlinien kam als neuer Inhalt das Register für Bescheide der „Bodenschätzung“ hinzu. Die Standard-Suche, die BFG-Suche, die Ergebnislisten und die Volltextanzeige der Dokumente sind strukturierter und daher übersichtlicher. Das Navigieren zwischen den Dokumenten und den Zeitschichten sowie innerhalb eines Dokumentes vom Anfang zum Ende des Textes funktioniert nun schneller und bedienerfreundlicher. Ebenso ist die Filtermöglichkeit in den Ergebnislisten benutzerfreundlicher und aussagekräftiger dargestellt. Außerdem ist eine Anzeige für ähnliche Dokumente vorgesehen. Bei der technischen Plattform erfolgte die Umstellung auf das Webapplikationsframework Angular sowie der Austausch des Applikationsservers Websphere durch das Open-Source-Produkt Tomcat. |
15:00 | Ermittlung ähnlicher Dokumente in der Finanzdokumentation mit Hilfe von Large Language Models PRESENTER: Werner Noska ABSTRACT. Die Finanzdokumentation (Findok) ist die Wissensplattform für Rechts- und Fachinformationen aus dem Finanzressort und dient darüber hinaus zur ressortinternen Verteilung und Veröffentlichung neuer Erlässe, Richtlinien, Amtsverfügungen oder sonstiger Informationen. Um im umfangreichen Datenbestand die gewünschten Informationen rasch und effizient zu finden, stehen unterschiedliche Suchstrategien zur Verfügung, z.B. eine Neuzugangsliste, die Standardsuche über konkrete Suchbegriffe mit einer Vorschlagsliste („Auto Suggest“) basierend auf einem Thesaurus und linguistischen Erweiterungen, eine Spezialsuche nur im BFG- bzw. UFS-Bestand, Verzeichnisse zu Richtlinien und Amtlichen Veröffentlichungen und ein Favoritensystem. Mit dem technischen und optischen Relaunch der Finanzdokumentation ab 2024 soll dem Benutzer - zusätzlich zur Suche nach konkreten Suchbegriffen - ein neues Feature für die Dokumentenrecherche angeboten werden: Zu jedem angezeigten Dokument soll eine Liste ähnlicher Dokumente aus der Datenbank empfohlen werden, die einen ähnlichen Sachverhalt zum Inhalt haben (aber nicht notwendigerweise den zuletzt vorgegebenen Suchbegriff enthalten müssen). Dem entsprechend wurde für den Relaunch der Findok 2024 das Feature "Ähnliche Dokumente" entwickelt, das zu einem angezeigten Dokument inhaltlich dazu passende weitere Dokumente aus dem Gesamtbestand vorschlägt. Grundlage dafür sind Large Language Models (LLMs), die auf sogenannten Textvektorisierungsverfahren basieren. Diese können den Inhalt zweier Texte auf semantischer Ebene vergleichen, ohne dass sie auf manuell erstellte und gewartete Wörterbücher oder Thesauren zurückgreifen müssen. Es wurden mehrere Language Models aus dem Open-Source-Bereich evaluiert und ermittelt, wie gut sich diese eignen, die inhaltliche Ähnlichkeit von finanzjuristischen Texten zu bewerten. Die entwickelte Lösung wurde anschließend mit Hilfe von Fachexperten aus dem Finanzbereich validiert. |
14:00 | Learning Legal Risk: Limitations of Large Language Models in Limelight ABSTRACT. Abstract This paper explores the emerging role of large language models (LLMs) in legal risk management (LRM), examining both their potential and limitations. Utilizing data privacy as a case study, it delves into the capabilities of LLMs in contract scrutiny and regulatory compliance. Despite their computational prowess, LLMs have shortcomings in understanding real-world implications and assessing risk levels. The paper advocates a multidisciplinary approach, combining LLMs with expert systems and human legal expertise, to create a more robust and reliable LRM framework. Introduction The advent of artificial intelligence and machine learning has significantly disrupted traditional paradigms across a plethora of domains, not least within the legal field. Among these technological advancements, large language models (LLMs) have emerged as a particular point of interest, offering capabilities that range from natural language understanding to text generation, albeit with some potential for error. These abilities position LLMs as potential tools in legal risk management (LRM), a field that includes the systematic identification, assessment, and mitigation of legal risks. However, the full scope of LLMs' applicability and the challenges associated with their use in this domain remain largely under-researched. The purpose of this paper is to fill this gap by initiating an exploratory investigation into these issues, anchored in the author's practical experience in LRM and informed by scenarios generated through LLMs. In addressing this, the paper illuminates a series of general applications, with a focus on the scrutiny of contractual agreements and monitoring regulatory compliance. Contracts often contain latent liabilities or terms that could expose parties to undue risks. LLMs show promise in autonomously detecting such liabilities, flagging problematic clauses, and suggesting revisions aligned with prevailing legal standards. Additionally, the constantly evolving landscape of laws and regulations can be challenging for businesses to navigate. Although this potential is not available in today's technology, LLMs have the theoretical capacity to sift through voluminous legal texts and identify shifts in laws and regulations that may pose risks. To ground the discussion in a concrete example, the realm of data privacy is examined as a case study. This serves as an illustrative point to bring into focus the limitations of LLMs, notably their inherent inability to fully understand real-world implications and assess risk levels. Despite their computational capabilities, LLMs are constrained in quantifying the potential impact and the likelihood of risk occurrence, elements that are crucial for accurate risk level calculation. As a way forward, the paper argues for a multidisciplinary approach to LRM. It suggests merging the computational capabilities of LLMs with additional reasoning systems and human legal expertise. A range of options are considered, including the integration of specialized expert systems designed for probabilistic reasoning, and the provision of human oversight for qualitative risk assessment. The ultimate aim of this paper is to provide a foundational framework for understanding the operationalization of LLMs in LRM and to set the stage for future scholarly endeavors in this area. It underscores the imperative for empirical studies that can validate the theoretical constructs and practical applications set forth herein. |
14:30 | Legal Risks in Forensic-Ready Systems PRESENTER: Jakub Harašta ABSTRACT. The steadily growing threat of crime in cyberspace leads to a more urgent need for forensic investigation. Such an investigation is time- and labour-intensive and requires sophisticated supportive processes to achieve success. Systematic preparation for the potential forensic examination during the software development process, called forensic readiness, is one of the possible approaches to lower the costs of the forensic process. However, many open issues and challenges remain in this area, with missing methodologies and guidelines to support software engineers in building forensic-ready software systems. One of the open issues is the present legal risks associated with the development, deployment and use of forensic-ready systems. As forensic-ready systems engage in extensive logging practices, various threats to privacy and data protection arise. The submission aims to map legal risks associated with forensic-ready systems. The authors overview the basic properties of forensic-ready systems and analyse related legal risks, especially regarding Solove’s taxonomy of privacy harms and other suitable methodologies. Overall, the outcome of our project should contribute to a better understanding of the interplay between engineering approaches to forensic-ready systems and related legal requirements. Our submission contributes to this goal. (The research has received funding from the Grant Agency of Masaryk University, project ForTrust, MUNI/G/1142/2022). |
15:00 | „(Drohende) Gefahr“ als Übersetzungsherausforderung für künstliche und natürliche Intelligenz (KNI²) ABSTRACT. Die Wirkungsmacht von „law made in Germany“ hängt entscheidend von der Übersetzbarkeit der „Rechtsprodukte“ der deutschen-europäischen Rechtsordnung ab. Insbesondere das (Legal) Design for an AI-Driven World wird derzeit im "informationstechnologischen Sicherheitsrecht" erforscht wie erprobt. Dort ist zentral für die Anwendung primärrechtlicher Prinzipien (wie Verhältnismäßigkeit) die (Un)Missverständlichkeit des Gefahrenbegriffs – und zwar für künstliche wie menschliche (Übersetzungs-)Intelligenz. Die Differenzierung „(drohender) Gefahren“ im BVerfG & EuGH Rechtsprechungskontext sowie in deutschen Landespolizeigesetzen wird analysiert. |
Ergänzend zu den Vorträgen wird von den Organisatoren Drs. Götzl und Blaha ein Panel zu aktuellen Fragen des elektronischen Beschaffungswesens abgehalten.
16:00 | Aspekte von Datenschutz und internationalem Datentransfer in China ABSTRACT. Seit einem Jahrzehnt hat sich in der VR China die Erkenntnis durchgesetzt, dass Daten der Rohstoff des 21. Jahrhunderts sind. Das hat dazu geführt, dass China im Bereich der Daten wie auch im Bereich anderer Rohstoffe seine Datensouveränität durchsetzen möchte und gleichzeitig in diesem Bereich Aspekte des Datenschutzes, der Industriepolitik und der nationalen Sicherheit vermischt. Diese mehrgleisige Entwicklung hatte nicht nur zur Folge, das es unterschiedliche Klassifizierungen von Daten im Bereich des Individualdatenschutzes gibt, sondern hat auch – nicht zuletzt auf Grund des Anspruchs auf Datensouveränität – zu einer Vielzahl an Regelungen im Bereich des Datentransferrechts geführt. Während die „persönlichen Daten“ (个人信息) im Rahmen des chinesischen Privatgesetzbuchs (cBGB, 2020) in Buch IV „Persönlichkeitsrecht“ zwischen (1) allgemein frei verarbeitbaren (weil öffentlich zugänglichen) Daten, (2) nur bei ausdrücklicher Erlaubnis des Rechteinhabers verarbeitbaren, und (3) nur im Ausnahmefall von Dritten verwertbaren „intimen Daten“ (私密信息) unterscheidet, spricht das chinesische Datenschutzgesetz (cDSG, 2021) bei besonders schützenswerten Daten von „sensiblen Daten“ (敏感信息). Somit wird die rein individuell-subjektiv bestimmte Kategorie der Intimsphäre, wie sie im cBGB explizit beschrieben ist, in eine auch objektiv als sensibel beschreibbare Kategorie umgeformt. Konsequenterweise findet sich dann im cDSG ein ganzes Kapitel (Kap. III), was den Versuch unternimmt, den internationalen Datentransfer rechtlich zu adressieren und zu normieren. Weitere Normierungsansätze finden sich z.B. im Cybersicherheitsgesetz (网络安全法, cCSG, 2017), das in § 24 II von der „Strategie der im Internet vertrauenswürdigen Person“ spricht, oder in § 21 II Nationales Informationssicherheitsgesetz (国家数据安全法, cNISG, 2021), wo von „zentralen Daten des Staats“ (国家核心数据) die Rede ist. Wir sehen also einen Konflikt zwischen trusted subject und protected object, denn es ist im Einzelfall nicht unbedingt erkennbar, was den Vorrang haben sollte. Wir sehen also, dass unterschiedliche Institutionen mit unterschiedlichen Rastern versuchen, Daten (und Datenbesitzende) zu qualifizieren, um dann unterschiedliche Arten von Beschränkungen zu fordern. Die Situation ist für den Außenstehenden mitunter verwirrend, da es nicht einmal dem chinesischen Betrachter immer klar ist, welche Daten unter welchem Datenmanagementregime frei zugänglich bzw. für den internationalen Transfer freigegeben sind. Da dies auch in China eindeutig als Wettbewerbsnachteil erkannt wird, hat der Staat mittlerweile versucht, Standards für den internationalen Transfer von Daten zu entwerfen, so dass zumindest für den Teilbereich der persönlichen Daten bereits im Jahr 2022 die Bestimmung „Information security technology – Certification requirements for cross-border transmission of personal information“ (信息安全技术 个人信息跨境传输认证要求, ISTCR, 2022) erstellt wurde. Der Beitrag zeigt die unterschiedlichen Kategorisierungen von Daten und das daraus entstehende Klassifizierungsdilemma auf, welches aus der fehlenden Kongruenz unterschiedlicher Klassifizierungsstandards entsteht. Gleichzeitig geht wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Regeln für die grenzüberschreitende Übertragung von Daten von 2022 die normativen Vorgaben des cDSG tatsächlich umsetzen. Zusätzlich werden weitere Ansätze aufgezeigt, die sich auf den Datentransfer nicht-persönlicher Daten beziehen, wie etwa technische Details, naturwissenschaftliche Versuche, oder auch Wetterbeobachtungen. In diesem Zusammenhang zeigt sich, wie der Übermittlungsweg genauso eine Rolle spielt, wie die Form der Datenaufbereitung bzw. das Volumen der übertragenen Datensätze. |
16:30 | KI-Training nach dem neuen Datenrecht: Neue Chancen für KI made in EU? PRESENTER: Maximilian Leicht ABSTRACT. Das Training von Machine-Learning-Modellen (ML-Modelle) erfolgt praktisch sehr häufig mit Daten, die einen Personenbezug aufweisen. Die daraus resultierenden Herausforderungen zur Einhaltung der DSGVO werden in der Literatur umfangreich thematisiert. Im Ergebnis ist Training dadurch häufig erschwert und nur bedingt rechtssicher gestaltbar. Dieser Konflikt wird von den teils bereits verabschiedeten, teils noch im Gesetzgebungsprozess befindlichen Rechtsakten des sog. EU-Datenrechts adressiert. Neben der geplanten KI-Verordnung könnten auch die Vorschriften des Data Governance Acts, des Data Acts sowie die Verordnungen für spezifische Datenräume – wie beispielsweise der europäische Raum für Gesundheitsdaten – zukünftig das Training von ML-Modellen maßgeblich beeinflussen. Zum einen soll ein verbesserter Zugang zu Daten geschaffen werden; zum anderen können spezifische Vorschriften für die Entwicklung von KI-Systemen die Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit der DSGVO ermöglichen. Der Vortrag zeigt überblicksartig auf, wie sich das Datenrecht zukünftig auf das Training von ML-Modellen auswirken wird. |
17:00 | Datenschutz im deutschen Besteuerungsverfahren – Ein kritischer Blick auf behördliche Datensammlung und Datenaustausch ABSTRACT. Der vorliegende Beitrag behandelt den Datenschutz im deutschen Besteuerungsverfahren sowie die Herausforderungen durch die Digitalisierung und den Datenaustausch. Es werden datenschutzrechtliche Regelungen der Abgabenordnung sowie der automatisierte Datenaustausch zwischen Finanzbehörden kritisch betrachtet. Zudem ist herausgearbeitet, dass zeitgemäße Datenschutzregelungen notwendig sind und der Gesetzgeber geeignete Gesetze anpassen sollte. Ein Ausblick zu potenziellen zukünftigen Entwicklungen komplettiert die Darstellung. |
16:00 | Protection of Geographical Indications on the Internet against Domain Name Misappropriation ABSTRACT. The aim of this contribution is to address an issue of the protection of geographical indications and appellations of origin (hereinafter "geographical indications") against cases of registration of identical or similar domain names. The alternative dispute resolution rules for domain names in the .eu top-level domain (TLD) provide sufficient protection against such behavior. The European Union has further strengthened the position of holders of geographical indication rights in relation to domain names in the new Regulation (EU) 2023/2411 of the European Parliament and of the Council of 18 October 2023 on the protection of geographical indications for craft and industrial products and amending Regulations (EU) 2017/1001 and (EU) 2019/1753. Similar protection is found in the proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on European Union geographical indications for wine, spirit drinks and agricultural products and quality schemes for agricultural products, amending Regulations (EU) No 1308/2013, (EU) 2017/1001 and (EU) 2019/787 and repealing Regulation (EU) No 1151/2012. This new legislation will be the focus of this paper. However, the situation regarding domain names under generic TLDs (e.g. .com) is problematic. The Uniform Dispute Resolution Policy (UDRP) only allows complaints to be filed on the basis of trademarks and not of the sui-generis protection for geographical indications available in the European Union. These aspects will also be tackled. |
16:30 | Brauchen wir "Neurorechte"? PRESENTER: Elisabeth Staudegger ABSTRACT. Neurotechnologien sind Teil unserer Realität; die Kenntnisse darüber aber äußerst diffus. Berichte dazu reichen von wissenschaftlichen Studien zum erfolgreichen Einsatz bei medizinisch induzierten Therapien über trans- und posthumanistische Zukunftsversprechen bis hin zu werbemäßiger Anpreisung diverser heute schon erhältlicher Selbstverbesserungs-Produkte. Die Neurorights Foundation fordert dringend ein, sog "Neurorechte" grund- bzw menschenrechtlich zu verankern. Mehrere Staaten (als erster Staat weltweit Chile) sind dem Aufruf gefolgt und haben ihre Verfassungen entsprechend adaptiert. Der Beitrag will einen knappen Überblick über den Stand der Technologie geben, die von der Neurorights Foundation vorgeschlagenen Rechte analysieren und eine erste Stellungnahme zur Dringlichkeit bzw Sinnhaftigkeit der Implementierung dieser "Neurorechte" abgeben. Die Autorinnen sind Teil einer interdisziplinären Gruppe an der Universität Graz, bestehend aus den Disziplinen Ethik, Neuropsychologie, Soziologie und Recht, die sich mit Neurorechten im Rahmen einer von STOA finanzierten Studie befasst. |
16:00 | Einschätzungen aus der argentinischen Abgeordnetenkammer zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in Parlamenten PRESENTER: Jörn von Lucke ABSTRACT. Parlamente analysieren derzeit, ob sich Technologien aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) zur Erledigung bestimmter parlamentarischer Aufgaben eignen. Mit Blick auf Werkzeuge, Anwendungsbereiche, Nutzungsszenarien und Bedürfnisse werden KI-getriebene Veränderungen in Parlamenten erwartet. Der Einsatz von KI im parla-mentarischen Raum ist bisher jedoch noch wenig erforscht. Der Beitrag präsentiert empirische Belege für die künftige Nutzung von KI-basierten Werkzeugen und Diensten in einem nationalen Parlament. Die Daten wurden während eines Brainstormings im Jahr 2020 und eines virtuellen Workshops im argentinischen Parlament 2022 gesammelt. Die Analyse gibt Aufschluss über die Priorisierung von KI-basierten Technologien im parlamentarischen Umfeld. Im Rahmen der Studie wurden die Relevanz und die Priorität von 210 Anwendungen sowie Themen rund um KI-Techno¬logien mit Blick auf den argentinischen Nationalkongress und seine Kammern untersucht. |
16:30 | Mehr Vielfalt durch eParticipation oder nur viel mehr vom Gleichen? ABSTRACT. Im Zuge der Schritte der Öffnung des Verfahrens zur Partizipation an der Entstehung von Gesetzen durch das Österreichische Parlament wird das Ziel verfolgt, eine Priorisierung der eingebrachten Texte zu ermöglichen. Gleichzeitig wird das Ziel diskutiert, „die Erfahrung und die Argumente von sehr vielen Leuten zu erheben und so zu besseren Lösungen zu kommen, als wenn nur eine kleine Gruppe von Expertinnen und Experten in die Lösung des Problems einbezogen werde.“ In beiden Zitaten wird auf die Bedeutung von Verschiedenheit bzw. Gemeinsamkeiten in den Stellungnahmen Bezug genommen. Im empirischen Teil untersuche ich anhand der Texte und Metadaten, die in konkreten parlamentarischen Begutachtungsverfahren gesammelt wurden, die Qualität und den Grad der Erreichung dieser Ziele. Analysiert wird dabei die Pluralität der beteiligten Akteur:innen und der von diesen Akteur:innen gesetzten Aktionen zur Teilnahme am Begutachtungsverfahren. Dabei werden auch Möglichkeiten zur Verdichtung der vorliegenden Informationen zur Unterstützung der Priorisierung bei gleichzeitiger Verbesserung der Sichtbarkeit des Beitrags individueller Texte zur Vielfalt der Lösungen aufgezeigt. Dabei gehe ich der folgenden Forschungsfrage nach: Wie stark und wodurch unterscheiden sich die im parlamentarischen Begutachtungsverfahren beteiligten Akteur:innen, deren Texte und deren Bezugnahme auf andere Texte? |
17:00 | Neues im Zentralen Wählerregister – das Wahlrechtsänderungsgesetz 2023 in Kraft ABSTRACT. Die Implementierung des Zentralen Wählerregisters (ZeWaeR) in der österreichischen Rechtsordnung kann in den Materialien des IRIS seit 2017 gleichsam als „Fortsetzungsgeschichte“ verfolgt werden. Von den sich über Jahrzehnte erstreckenden Planungen über die Beschlussfassung bis zur tatsächlichen Inbetriebnahme der Datenverarbeitung ZeWaeR haben die Autoren viele Details dargestellt und kommentiert. Breiten Raum wurde dabei den mannigfaltigen Möglichkeiten zur „Skalierung“ der Datenverarbeitung gewidmet, insbesondere anlässlich der Tagung im Jahr 2018. Nachdem seit der Inbetriebnahme der Datenverarbeitung vor allem bei der Vollziehung des Volksbegeh-rengesetzes 2018 Erfahrungen mit der Digitalisierung dieses wichtigen Instruments der direkten Demokra-tie gesammelt werden konnten, hat der Gesetzgeber in Bezug auf das ZeWaeR nunmehr einen weiteren Meilenstein gesetzt. Mit dem am 1. Jänner 2024 in Kraft getretenen Wahlrechtsänderungsgesetz 2023 er-fuhr die Datenverarbeitung eine umfangreiche Erweiterung. Mit der erwähnten Novelle hat der Gesetzgeber insbesondere einen großen Schritt in Richtung Digitalisie-rung des Wahlrechts gesetzt. Das ZeWaeR wird in Hinkunft nicht nur zum Clearing der Daten der wahlbe-rechtigten Personen sowie zur Administration des Volksbegehrenwesens inkl. der IT-Lösung herangezogen werden können, mit der Volksbegehren von jeder Gemeinde aus und auch online unterstützt oder zu un-terschrieben werden können. Hinzugekommen ist nunmehr die Steuerung einer komplexen Wahlkartenlogistik, die Möglichkeit der Selbstauskunft für Wahlberechtigte über den Status der Eintragung in eine Wählerevidenz oder – vor Wah-lereignissen – in ein Wählerverzeichnis sowie über den Status einer ausgestellten Wahlkarte sowie die Online-Beantragung der Eintragung oder der Verlängerung der Eintragung durch Auslandsösterreicherin-nen und Auslandsösterreicher, jeweils unter Verwendung der „ID-Austria“. Die Wahlbehörden sollen bei Bewegung der Wahlkarten, die zum Teil, aber nicht generell, bei den örtlichen Wahlbehörden ausgewertet werden, bei den Wahlereignissen des Jahres 2024 (Europawahl und Nationalratswahl) mittels ZeWaeR-generierter Packzettel unterstützt werden. Über den Stand der hierzu erforderlichen, vor der Finalisierung stehenden IT-Arbeiten wollen die Autoren ausführlich berichten. |